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Aktualisiert am 18.06.2020 - 13:37 Uhrin InterviewsLesedauer: 4 Minuten

Adam Choragwicki im Interview „Anleihen? Die Aufholjagd hat begonnen"

Adam Choragwicki, Portfoliomanager bei StarCapital
Adam Choragwicki, Portfoliomanager bei StarCapital: „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es beste Einstiegschancen für antizyklische Investoren, denn die Erholung bei Unternehmensanleihen setzt sich wie erwartet fort.“ | Foto: StarCapital

der fonds: Herr Choragwicki, führen Negativzinsen zwangsläufig zu negativer Performance?

Adam Choragwicki: Der einfache Blick auf die p.a.-Rendite einer Anleihe reicht jedenfalls nicht aus, um hier ein Urteil zu fällen. Kein Investor kauft heute eine Anleihe mit 10 Jahren Restlaufzeit mit dem Ziel, diese bis zur Endfälligkeit im Portfolio liegen zu lassen. Viel mehr spielt die Kursphantasie eine wichtige Rolle. Für einen global agierenden Anleihemanager gibt es viele Alternativen zu Deutschen oder Schweizer Bundesanleihen. Zum Beispiel können wir unterschiedliche Staats- und Unternehmensanleihen mit den attraktivsten Laufzeiten und Bonitäten nutzen. Auch High-Yield- und Schwellenländeranleihen in unterschiedlichen Währungen können im Portfolio eingesetzt werden. Chancen bietet auch unser aktives Währungs- und Durationsmanagement, in dem wir beispielsweise auf steigende Zinsen setzen können. Zudem haben wir bei StarCapital keinen „home bias“. So können wir in unseren flexiblen Strategien das gesamte Ertragspotenzial des globalen Anleihenmarktes nutzen, um attraktive und robuste Portfolios für alle Marktphasen zu schaffen.

Welche Renditechancen gibt es aktuell und langfristig am globalen Rentenmarkt?

Choragwicki: Unternehmens-und Schwellenländeranleihen verfügen über ein hohes Aufholpotenzial. Für High-Yield-Emittenten hat der Markt Ende März eine Ausfallrate von rund 45 Prozent und bei Investment Grade-Emittenten von rund 12 Prozent über die nächsten fünf Jahre eingepreist. Das scheint überzogen – und birgt überdurchschnittliche Chancen, insbesondere bei Anlagen und Emittenten, die unberechtigterweise in Mitleidenschaft gezogen wurden. Wir glauben zwar, dass es zu den ein oder anderen Ausfällen bei Unternehmensanleihen kommen wird. Aber dies wird diejenigen Firmen treffen, die bereits vor der Corona-Krise schlecht gewirtschaftet haben.

Da durch die Panikabverkäufe im März 2020 auch stabile Unternehmen bestraft wurden, ist das Erholungspotenzial hier sehr hoch. Wir werden unser Exposure daher beibehalten und bleiben flexibel, um in den nächsten Wochen neue Opportunitäten bestmöglich wahrnehmen zu können. Im Hinblick auf die Wertentwicklung erwarten wir einen ähnlichen Verlauf wie im Nachgang der Finanzkrise 2008: Hielt man mit Ruhe an seinen Positionen fest, ließen sich die Verluste nach weniger als einem Jahr mehr als aufholen.

Welche Rolle kann eine antizyklische Komponente spielen?

Choragwicki: Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es die besten Einstiegschancen für antizyklische Investoren, denn die Erholung bei Unternehmensanleihen setzt sich wie von uns erwartet fort. Die Risikoprämien von Crossover-Anleihen dürften tendenziell weiter fallen. Die Volatilität wird dabei weiterhin hoch bleiben, so dass es bisweilen auch schwächere Tage bei Unternehmensanleihen geben wird. Doch der Weg scheint klar: Mittelfristig wird es vor allem bei soliden Unternehmens- und High Yield-Anleihen zu einer deutlichen Erholung kommen.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für High Yield-Anleihen?

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Choragwicki: Wenn man mit Renten nachhaltig Geld verdienen möchte, benötigt man das ganze Investitionsspektrum. Dazu gehören ebenfalls High-Yield Anleihen und dies bedeutet in unserem Fall, dass wir uns auf BB-Emittenten fokussieren, während wir CCC und niedrigere Ratings im Fonds aufgrund erhöhter und nur schwer kalkulierbarer Ausfallrisiken nicht einsetzen.

Lohnt es sich, jetzt in Schwellenländeranleihen einzusteigen?

Choragwicki: Die Korrelation zwischen High-Yield- und Schwellenländeranleihen ist mittelfristig sehr hoch. Daher erwarten wir bei Ausweitung der Ausstiegsstrategie in den großen Emerging Markets auch ein Aufholen der aktuellen Underperformance bei soliden Emittenten. Der Ölpreisverfall hat in diesem Segment für einen deutlichen Anstieg der Risikoprämien gesorgt. In turbulenten Marktphasen wie im März wird fälschlich alles über einen Kamm geschert, egal ob berechtigt oder nicht. Dabei gibt es solide Unternehmen, die zum Teil von der Corona-Krise profitieren könnten. Gerade deshalb ist eine selektive Auswahl möglicher Kandidaten wichtig.

Auf Staatsanleihen aus den aufstrebenden Staaten entfallen aktuell lediglich 5 Prozent des Fondsvolumens. Viele kleinere Schwellenländer wie etwa Zambia oder Angola sind schwer getroffen und werden ihre Schulden restrukturieren müssen. Auch Argentinien ist gerade dabei umzuschulden. Sämtliche dieser Emittenten sind im CCC-Ratingbereich angesiedelt, den wir im Fonds nicht berücksichtigen.

Wie sieht ein Rentenmanagement im zweiten Halbjahr aus?

Choragwicki: Die Phase erhöhter Volatilität wird uns noch einige Zeit begleiten. Daher agieren wir selektiv und nehmen Opportunitäten nur dort wahr, wo uns das Chancen-Risikoverhältnis angemessen erscheint. Während wir bei Unternehmensanleihen hohes Aufholpotenzial sehen, halten wir uns bei Staatsanleihen zurück. Die Renditen von 10-jährigen US-Treasuries schwanken aktuell zwischen 0,6 und 0,8 Prozent, während Bundesanleihen deutlich negativ rentieren. In den kommenden Monaten gibt es keine Notwendigkeit, in diesem Segment investiert zu sein.

Mit Blick auf mögliche Verlierer der Krise gehen wir zudem davon aus, dass es vor allem Unternehmen beziehungsweise Staaten trifft, die schon vor der Corona-Krise Probleme hatten. Ein Beispiel ist der Autoverleiher Hertz, der kürzlich Insolvenz angemeldet hat. Hertz war bereits vor Beginn der Corona-Krise angeschlagen und erhielt dafür ein B-/B3 Rating. Dass ein B-, also fast mit CCC bewertetes Unternehmen auf absehbare Zeit eher ausfallen kann, liegt nahe. Dies belegt nicht zuletzt die „Default Statistic“ von Moodys.

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