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Aktualisiert am 18.06.2020 - 13:49 Uhrin Artikel aus der fondsLesedauer: 4 Minuten

Aktienmarkt-Ausblick von StarCapital Die Konjunkturerholung wird auf sich warten lassen

Megatrends wie Digitalisierung und Healthcare
Telemedizin: Megatrends wie Digitalisierung und Healthcare bekommen gerade jetzt einen gewaltigen Push – und spiegeln sich in einer Outperformance des US-Marktes gegenüber seinen europäischen Pendants wider | Foto: imago images / Jochen Tack

Fundamentale Faktoren

Der Einbruch bei den Einkaufsmanagerindizes in den USA ist so stark wie nie zuvor. Die Einschätzungen von Experten, die von einem Wachstumsrückgang von 7 Prozent in den USA in diesem Jahr ausgehen, erscheinen realistisch. In Europa gehen wir von einem Minus in Höhe von 8 bis 10 Prozent aus. Es ist dramatisch womit wir rechnen müssen.

Die Konjunkturerholung wird nicht so schnell kommen wie zunächst vermutet. Den größten Teil werden wir erst im kommenden Jahr sehen – verbunden mit der Hoffnung, dass es Ende dieses Jahres oder Anfang 2021 einen Impfstoff gibt. Wenn der Markt dies einpreist, sollten wir aus dem Gröbsten heraus sein. China zeigt gerade, dass es keine Alternative zu einer schrittweisen Rückkehr zu einem normalen Leben gibt. Auch in Europa sind weitere Lockerungen für eine Erholung der Wirtschaft unabdingbar.

Negatives Sentiment als Kontraindikator

Die Abflüsse bei Aktienfonds seit Ausbruch der Krise sind mit rund 100 Milliarden Dollar überschaubar und kommen vor allem aus den Schwellenländern und Europa. Die USA kam durch die hohe Gewichtung bei den großen Technologiekonzernen vergleichsweise glimpflich davon. Megatrends wie Digitalisierung und Healthcare bekommen gerade jetzt einen gewaltigen Push und spiegeln sich in einer Outperformance des US-Marktes gegenüber seinen europäischen Pendants wider.

Auch das Sentiment steht für die Stärke des Marktes. Der wöchentliche AAII Sentiment Investor Survey zeigt mit 50 Prozent einen hohen Anteil an Pessimisten unter den Endanlegern. Wenn allzu viele Marktteilnehmer darauf warten, dass die Kurse zurückkommen, tun sie dies in der Regel aber nicht. Auf der Seite der Käufer finden sich derzeit in erster Linie Trendfolger, während US-Hedgefonds zu den Verkäufern zählen.

Aktienmarkt-Ausblick

Der S&P 500 befindet sich auf dem Weg zur 200-Tage-Linie bei etwas über 3.000 Punkten. Auf diesem Niveau hätte er rund zwei Drittel der Korrektur absolviert. Dies würde das Ende der Baisse signalisieren, woran wir derzeit aber noch nicht recht glauben mögen.

Der Index dürfte auch unter jahreszeitlichen Gesichtspunkten Schwierigkeiten bekommen, deutlich über dieses Niveau hinaus anzusteigen. Bis auf die monetäre Unterstützung fehlt dafür die Phantasie. Der Dax hinkt dem S&P 500 hinterher. Die nächste Marke sind 11.400 Punkte. Dann allerdings dürfte die Luft dünn werden.

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Indirekte Staatsfinanzierung

Die geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken beflügeln die Märkte. Die Federal Reserve etwa hat ihre Bilanzsumme seit März von 4 auf 6,5 Billionen Dollar erhöht, die Europäische Zentralbank kommt auf knapp 5,3 Billionen Dollar. Dies führt zu einer Überschussliquidität, die in den Kapitalmarkt fließt. Den gewaltigen monetären Schub zeigt auch die Geldmenge M2 am US-Aktienmarkt, die sich deutlich stärker ausgeweitet hat als während der Finanzkrise 2008/2009. Die EZB dürfte in ihrer Sitzung am kommenden Donnerstag ihr Programm zum Ankauf von Staatsanleihen um nochmals 500 Milliarden Euro steigern.

Dies gleicht einer indirekten Staatsfinanzierung. Zwar findet hierzulande aktuell eine Scheindiskussion statt, ob man diese Gelder nicht über eine Steuererhöhung oder eine Vermögensabgabe finanziert. Zum Teil dürfte dies auch geschehen, um die SPD und die Grünen zufriedenzustellen. Doch die Krise ist damit nicht zu bewältigen.

Verschuldungsproblematik

Die Schulden steigen dramatisch. In Deutschland liegt die Quote über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Doch das ist nur die offizielle Quote. Zählt man die Schattenhaushalte, Beamtenpensionen und diversen Rentenversprechen wie Mütter- und Respektrente hinzu, liegt die Schuldenquote de facto bei 110 Prozent des BIP – und sie wird sich nun Richtung 130 Prozent bewegen.

Italien ist offiziell schon auf diesem Niveau und dürfte 160 Prozent erreichen. Japan steht gar bei 240 Prozent mit Tendenz zu 270 bis 280 Prozent. Ein Land, das keine massive Auslandsverbindlichkeiten hat, kann dies eine ganze Weile tragen. So lange die Sparquoten ausreichend hoch sind, das ist auch in Italien der Fall, ist dies unproblematisch – im Gegensatz zu den Schwellenländern, die sich größtenteils in Fremdwährung verschulden müssen.

Natürlich werden Schulden niemals getilgt. Schon Kurt Tucholsky sagte: „Jede Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andere werde gepumptes Geld zurückzahlen.“ Auf Sicht der kommenden zwei bis drei Jahre dürften die steigenden Staatsschulden nicht zu einem deutlichen Anstieg der Inflation führen wie wir es aus der Geschichte kennen. Folgt jedoch später eine Inflation, wirft dies gewaltige Probleme auf.

Corona-Bonds durch die Hintertür

Die Fed plant, mit ihren Anleihekäufen die Zinsstrukturkurve näher an die Nulllinie heranzuführen. Dies betrifft vor allem den mittleren Bereich zwischen fünf und zehn Jahren. Europa liegt deutlich darunter. Die Europäische Zentralbank wird jedoch keine weiteren Zinssenkungen vornehmen, weil dies bekanntermaßen nicht sinnvoll ist.

Die EZB konzentriert sich vielmehr darauf, die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen unter der Marke von zwei Prozent zu halten. Da sie überproportional Anleihen der Peripheriestaaten kaufen darf, gibt es de facto eine Vergemeinschaftung der Schulden. Wir haben längst Corona-Bonds durch die Hintertür – auch wenn Angela Merkel diese offiziell ablehnt, um ein Erstarken der AFD zu verhindern. Das Volumen der EZB-Anleihekäufe ist groß genug, um eine Euro-Krise in diesem oder im kommenden Jahr zu verhindern. Längerfristig könnte es jedoch zu signifikanten Problemen kommen.

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