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Überbewertete Märkte? Alles ist relativ – auch die Aktienbewertungen

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Niedrige Zinsen unterstützen Aktien

Ein weiterer zentraler Faktor für die hohen Bewertungen von Aktien ist das nach wie vor niedrige Zinsniveau. „Niedrige Zinsen können Aktien gleich über mehrere Kanäle positiv beeinflussen“, betont Romig. „Erstens ermöglichen sie Firmen, sehr einfach an günstiges Kapital zu kommen. Wachstumsprojekte können leichter umgesetzt werden und die Refinanzierungskosten sinken. Beides hilft den Unternehmensgewinnen.“ Zweitens erhöhten niedrige Zinsen den Barwert aller zukünftigen Zahlungsströme wie Gewinne und Dividenden – und damit auch den Wert von Aktien. „Drittens spielt das Zinsumfeld bei der relativen Bewertung von Aktienmärkten eine wichtige Rolle. So steigern niedrige Renditen am Anleihemarkt direkt die relative Attraktivität von Aktien gegenüber Anleihen.“ Dieser Zusammenhang wird über die Aktienrisikoprämie abgebildet. Sie erfasst den Aufschlag auf einen risikolosen Zinssatz, den Investoren für die Übernahme des Aktienrisikos erhalten.

Quelle: Société Générale Research, Stand: 29. Januar 2021

Gemessen an der Risikoprämie, sind die meisten Aktien im historischen Vergleich nach wie vor attraktiv bewertet. Ende Januar betrug die Aktienrisikoprämie in Deutschland 7,2 Prozent und lag damit weit über dem durchschnittlichen Niveau von 3,4 Prozent. Für andere Industrieländer zeigt sich ein ähnliches Bild. In den USA betrug die Risikoprämie 5,1 Prozent (ø 4,0 Prozent), in Japan 4,2 Prozent (ø 2,9 Prozent) und im Vereinigten Königreich 6,3 Prozent (ø 5,6 Prozent). „Der Hauptgrund sind die Niedrigzinsen, die im Zuge der Corona-Krise durch die Ausweitung der Anleihekäufe nochmals stark zurückgingen“, sagt Romig.

Andere Situation in den Schwellenländern

In den Schwellenländern ist die Situation hingegen eine andere. Hier lagen die Risikoprämien unter dem historischen Durchschnitt, auch weil festverzinsliche Anlagen höhere Renditen als in den Industrieländern versprachen. Insbesondere chinesische Aktien wirken auch bei relativer Betrachtung teuer. Die Risikoprämie betrug zum Monatsende 5,2 Prozent und war damit weit vom historischen Durchschnitt von 9,3 Prozent entfernt. „Historische und aktuelle Daten sind in China allerdings nur bedingt vergleichbar, da der Kapitalmarkt für ausländische Investoren erst in den vergangenen Jahren geöffnet wurde. Seitdem ist ein konstanter Rückgang der Risikoprämie in Richtung der Niveaus der Industrieländer zu beobachten“, stellt Romig fest.

Für Anleger bleibt Flexibilität wichtig

„Die Aktienmärkte haben die Corona-Krise hinter sich gelassen“, sagt Romig. Dafür sieht er gute Gründe: Einerseits dürfte sich die Wirtschaft nach dem aktuellen Lockdown rasch erholen, andererseits werden vor allem die kurzfristigen Zinsen bis auf Weiteres niedrig bleiben. Um den konjunkturellen Aufschwung und die Tragfähigkeit der Staatsschulden nicht zu gefährden, werden die Zentralbanken nach Einschätzung des Assenagon-Experten ihre ultra-expansive Geldpolitik auch in diesem Jahr beibehalten und die Zinsen durch Anleihekäufe drücken. „Sollten sich keine weiteren Risiken wie eine Unwirksamkeit der Impfstoffe oder eine mangelnde Impfbereitschaft materialisieren, fehlt die fundamentale Basis, die eine nachhaltige Korrektur der Kurse auslösen könnte.“

Vor diesem Hintergrund scheinen Aktien aus Sicht Romigs heute zwar teuer, aber nicht überbewertet. „Das bedeutet aber nicht, dass es keine Kursschwankungen geben kann oder dass einzelne Sektoren eine zu hohe Bewertung aufweisen.“ Denn die Corona-Pandemie habe nach wie vor das Potenzial, starke Marktbewegungen auszulösen. Romigs Fazit: „Anleger sollten daher weiterhin auf eine flexible und global diversifizierte Anlagestrategie setzen, um die sich bietenden Chancen effizient und risikokontrolliert wahrnehmen zu können.“

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