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Anlagechancen in Europa Britische Aktien sind zurück im Ring

Big Ben und Westminster Abbey
Big Ben und Westminster Abbey: Nach mehr als fünf Jahren der Vernachlässigung des britischen Marktes sind globale Investoren im Vereinigten Königreich immer noch stark unterinvestiert | Foto: IMAGO / wolterfoto

Obwohl die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie noch laufen, wird an den Finanzmärkten seit vielen Monaten mit einer Erholung der Weltwirtschaft gerechnet, sagt Marco Bonaviri, Senior Portfolio Manager bei Reyl & Cie.

Was für britische Aktien spricht

Aus dieser Perspektive erscheint der britische Aktienmarkt – gemessen am FTSE 100 Large Cap Index – besonders aussichtsreich: So wurde der britische Markt seit dem Brexit-Votum am 23. Juni 2016 von internationalen Investoren vernachlässigt. Seit der in letzter Minute unterzeichneten und hart verhandelten Einigung mit der EU am 24. Dezember 2020 erleben britische Vermögenswerte allerdings ein starkes Comeback. Grund hierfür: Die politische Risikoprämie löst sich auf. Das zeigt sich daran, dass das Pfund Sterling in diesem Jahr die am schnellsten wachsende Währung in der G10 ist – vor US-Dollar und Euro.

Aufgrund von Ängsten vor einem harten Brexit hat der britische Index seit März 2020 einen beträchtlichen Performance-Rückstand von 20 Prozent gegenüber Aktien aus der Eurozone angehäuft. Die Konsequenz ist ein erheblicher Bewertungsabschlag gegenüber den Weltaktien – der höchste seit mehr als 20 Jahren. Das macht den britischen Markt zum günstigsten der entwickelten Länder. Statistisch gesehen zeigt der FTSE 100 eine fast doppelt so hohe Empfindlichkeit gegenüber dem Faktor Value wie gegenüber dem Wachstumsfaktor. Das ist einzigartig innerhalb der Hauptindizes.

Die Argumente für eine taktische Übergewichtung des britischen Marktes beschränken sich jedoch nicht nur auf Bewertungsüberlegungen. Britische Aktien haben mit 3,8 Prozent auch die höchste Dividendenrendite aller Märkte. Die EPS-Wachstumserwartungen für 2021 liegen bei 49 Prozent und übertreffen damit die USA (22 Prozent), die Eurozone (29 Prozent), Japan (46 Prozent) und die Schwellenländer (39 Prozent).

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Die Zyklizität des FTSE 100 ergibt sich aus der Zusammensetzung der Branchen – ein weiteres interessantes Merkmal des britischen Index. Mit einer Gewichtung von 19 Prozent in Finanzunternehmen, die direkt von einem Zinsanstieg profitieren, und 21 Prozent in Rohstoffen wie Energie und Grundstoffen ist der britische Markt besonders gut für das reflationäre Umfeld aufgestellt. Einschließlich der Sektoren Industrie und zyklische Konsumgüter, die ebenfalls sehr empfindlich auf die wirtschaftliche Erholung reagieren, sollten mehr als 60 Prozent des FTSE 100 Index von der wirtschaftlichen Erholung profitieren.

Großbritannien ist eines der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder, was die Regierung zu beispiellos restriktiven Maßnahmen zwang. Diese führten 2020 zu einem Rückgang des BIP um mehr als 10 Prozent. England ist jedoch auch eines der fortschrittlichsten Länder der Welt, was den Einsatz des Impfstoffs angeht: 30 Prozent der Bevölkerung haben bis Ende Februar 2021 eine erste Impfung erhalten. Das deutet darauf hin, dass die UK-Wirtschaft vor den meisten europäischen Ländern wieder anspringen wird und eine rasche konjunkturelle Erholung eintritt. Außerdem hat Großbritannien unter den G10-Ländern das höchste zu erwartende durchschnittliche BIP-Wachstum in den Jahren 2021-22.

Die Gefahr einer Pfund-Aufwertung

Dieses Szenario für britische Aktien ist jedoch nicht ohne Friktionen: Das reflationäre Umfeld könnte die Zinsen in die Höhe treiben und zu einer möglichen Aufwertung des Pfunds führen. Da fast 80 Prozent des Umsatzes des FTSE 100 im Ausland erwirtschaftet werden, könnte eine Aufwertung der Währung die Gewinne der multinationalen Unternehmen und die Dynamik der Gewinnrevisionen belasten.

Doch auch wenn die relative Performance des FTSE 100 stark mit der Bewegung des Pfunds verbunden ist, schätzen wir die potenzielle Aufwertung der britischen Währung in den kommenden Monaten infolge der beeindruckenden Aufwertung seit dem 3. Quartal 2020 als marginal ein.

Nach mehr als fünf Jahren der Vernachlässigung des britischen Marktes sind globale Investoren immer noch stark unterinvestiert in Großbritannien. Angesichts der Zyklizität des FTSE 100, seiner aussichtsreichen Bewertung und der Erwartung eines Gewinnwachstums vor dem Hintergrund einer sich erholenden Wirtschaft mangelt es nicht an Katalysatoren, die Kapitalflüsse in britische Aktien antreiben können. In der Tat sind die Vermögenswerte in FTSE 100-ETFs seit Jahresbeginn rasant gestiegen. Das ist ein Beweis dafür, dass die Umschichtung in britische Aktien bereits begonnen hat.

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