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Aktualisiert am 14.12.2015 - 19:08 Uhrin GeldmarktfondsLesedauer: 3 Minuten

Devisen-Märkte ohne Kontrolle? Kurs-Aufschwung: Warum der Euro wieder alle überrascht

Eins zu eins: Die Parität von Euro und Dollar schien bereits in greifbarer Nähe. Spätestens zum Jahresende, so prognostizierten Devisen-Experten von Goldman Sachs, Deutscher Bank und vieler weiterer Institute im Frühjahr, werde man für einen Euro nur mehr einen US-Dollar bekommen, Ende 2016 gar noch deutlich weniger. Bis dahin war der Kurs der Gemeinschaftswährung bereits deutlich abgesackt: Vom Hoch bei 1,39 Dollar im Sommer 2014 auf unter 1,05 Dollar.

Dann kam es anders als erwartet. Ab März setzte der Euro seine bis dahin rasante Talfahrt nicht weiter fort. Stattdessen folgte auf das Tief von 1,04 Dollar für den Euro eine Gegenbewegung, die in einem Kurs von 1,15 in der zweiten Augusthälfte gipfelte. Viele Institute mussten ihre Prognosen daraufhin korrigieren. Im Mittel nennen die Ökonomen nun einen Eurokurs von 1,07 Dollar zum Jahresende als Ziel.

Warum aber lagen sie so falsch? Einige führen eine besser als erwartete Konjunkturentwicklung in Europa als Grund an, andere nennen technische Faktoren. Wieder andere machen das Ausbleiben der erwarteten Zinswende in den USA für den überraschenden Trend verantwortlich. Fest steht nur: Welche Faktoren die kurz- bis mittelfristige Wechselkursentwicklung bestimmen, ist alles andere als eindeutig. Wissenschaftler sind bis heute überzeugt, dass sich kaum Prognosen über die Entwicklungen an den Devisenmärkten machen lassen. Das erklärt auch, warum die Bandbreite der Kurs-Erwartungen so immens ist: Die tiefste liegt bei gerade 0,96 Dollar für den Euro und die höchste bei 1,17 Dollar. Alles erscheint demnach möglich.

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Klar ist immerhin, dass die Politik der Zentralbanken für die kurz- und mittelfristige Entwicklung der Wechselkurse der wichtigen Währungen eine immer größere Rolle spielt. Wenn auch nicht explizit, verfolgen zumindest die Bank of Japan und die Europäische Zentralbank ganz offensichtlich eine Politik der schwachen Währung. Etliche Beobachter sehen darin bereits das, was Goldman-Sachs-Vorstand Gary Cohn beim diesjährigen Weltwirtschaftsgipfel im schweizerischen Davos offen als „Währungskrieg“ bezeichnete. Cohns Kommentar: „Einer der einfachsten Wege, die eigene Wirtschaft anzuschieben, ist es, die Währung aufzuweichen.“

Dass Euro und Yen ihren Abwärtstrend dennoch seit März nicht fortgesetzt haben, wäre dieser Sichtweise zufolge in erster Linie dem Zögern der US-Notenbank zu verdanken. Kommt ein erster Zinsschritt, sollten die Wechselkurse also zu ihrem positiven Trend aus dem Jahr 2014 und den ersten Monaten dieses Jahres zurückkehren. Die Logik dahinter leuchtet durchaus ein: Steigen die Zinsen in den USA, macht das US-Anleihen attraktiver. Gleichzeitig sprechen steigende Zinsen für eine solide Konjunktur, die auch Aktien und Direktinvestments beflügelt. Die Nachfrage nach Dollar und damit der Preis der Währung sollten also steigen.

Doch so einfach ist es nicht. Zwar hat die Notenbankpolitik tatsächlich maßgeblichen Einfluss auf den Dollarkurs. Doch wie so häufig an den globalen Finanzmärkten spielt dabei „die Erwartung der Marktteilnehmer eine mindestens ebenso große Rolle wie die Entwicklung selbst“, wie David Bloom zutreffend anmerkt. Der Chef-Devisenstratege von HSBC hat festgestellt, dass der Dollar nach den ersten Zinserhöhungen der vier letzten großen Zinsstraffungszyklen zunächst regelmäßig nachgegeben hat. Und das, obwohl in drei der vier Fälle andere große Zentralbanken keineswegs nachgezogen haben. Offensichtlich haben die Aussichten auf eine Zinserhöhung den tatsächlichen Zinsschritt an den Devisenmärkten bereits vorweggenommen. So, glaubt Bloom, könnte es auch dieses Mal wieder laufen. Seine Prognose hat er als einer der ersten bereits pünktlich im März angepasst. Nach einer leichten Abschwächung sieht er den Euro Ende 2016 bei 1,10 Dollar – und damit nahezu unverändert.

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