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UN-Klimakonferenz COP26 – Netto-Null-Ziele reichen nicht

Fertigstellung eines Wandgemäldes zum Thema Klimakrise:
Fertigstellung eines Wandgemäldes zum Thema Klimakrise: Können sich die Staaten auf der COP26 zu klaren Maßnahmen durchringen? | Foto: IMAGO / ZUMA Press

Extreme Wetterereignisse rund um den Globus prägten das Jahr 2021. Die „gute“ Nachricht: Flutkatastrophen, Waldbrände und Wirbelstürme haben den Klimawandel noch stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Die Vereinten Nationen schätzen, dass es bis 2030 jährlich bis zu 300 Milliarden US-Dollar kostet, die Weltgesellschaft an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen.

„Doch das wichtigste Ziel ist zugleich das schwierigste: Bis 2050 den globalen Netto-Nullpunkt zu erreichen und eine Erwärmung von mehr als 1,5 Grad zu verhindern. Um es gleich vorwegzunehmen: 1,5 Grad sind derzeit nicht in Reichweite“, mahnt Colin Dryburgh, Fondsmanager bei Aegon Asset Management. „Wir sind bislang weit hinter den Zielen des Pariser Abkommens zurückgeblieben. Zweifelsohne wird die Wiederbelebung des Abkommens der rote Faden der 26. UN-Klimakonferenz (COP26) sein, auch wenn das nicht offiziell so formuliert wird“, ergänzt Keith Wade, Chefvolkswirt bei Schroders.

Netto-Null-Ziele reichen nicht aus

Zwar hat sich im Jahr 2020 die Zahl der Unternehmen mit einer Netto-Null-Verpflichtung verdreifacht. Die Daten der Benchmark Climate Action 100+ zeigen jedoch, dass zwar 52 Prozent der 159 weltweit größten Emittenten ein Netto-Null-Ziel haben, aber nur 20 Prozent kurz- und mittelfristige Ziele haben, die den Großteil ihrer Emissionen abdecken.

„Nur 7 Prozent haben Ziele, die auf 1,5 Grad ausgerichtet sind“, kritisiert Bruce Duguid, Head of Engagement bei Federated Hermes. „Die Messlatte für den Erfolg der COP26 liegt hoch. Immer mehr Länder verpflichten sich, innerhalb der kommenden 30 bis 40 Jahre das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Wenn sie allerdings ihre derzeitigen Klimapläne gemeinsam verwirklichen, würde sich die Welt in diesem Jahrhundert um mehr als 3 Grad erwärmen (weit entfernt von den Pariser Zielen von 1,5 bis 2 Grad Celsius). Die großen Länder müssen ihre Zusagen verstärken und ihren Verpflichtungen konkrete Taten folgen lassen“, fordert Silvia Dall’Angel, Ökonomin bei Federated Hermes.

Das lässt sich nicht nur auf Unternehmensebene erkennen: „Statt zu handeln, kommen viele Regierungen nicht über Absichtserklärungen hinaus und verharren bei nicht ausgereiften oder überzogenen Plänen“, ergänzt Jean-Philippe Desmartin, Leiter nachhaltige Investments bei Edmond de Rothschild AM. Das Ziel einer menschengemachten globalen Erderwärmung von deutlich unter 2 Grad Celsius verglichen mit den vorindustriellen Werten rückt vor diesem Hintergrund in immer weitere Ferne.

Noch ist es nicht zu spät für die Klimawende

Die jüngsten Berichte, zum einen von der Internationalen Energieagentur (IEA) vom vergangenen Mai und zum anderen vom Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) aus dem vergangenen Sommer, verdeutlichen das Ausmaß und die Dringlichkeit konkreter Schritte im Kampf gegen den Klimawandel. Die globale Temperatur wird sich Prognosen zufolge in den kommenden 100 Jahren in jedem Fall um mindestens 1 Grad Celsius erhöhen, unabhängig davon, welche Maßnahmen in Zukunft ergriffen werden.

Auch die Experten des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung gehen von einem Anstieg der globalen Oberflächentemperatur um 2,7 Grad Celsius aus, sofern die Länder mit den höchsten CO2-Emissionen nicht handeln.

„Doch es ist noch nicht zu spät, um das Ruder rumzureißen, wobei zu bedenken ist, dass sich die Folgen eines Temperaturanstiegs von 1,8 Grad Celsius erheblich von denen um 3 Grad Celsius unterscheiden. Deshalb muss schnell und entschlossen gehandelt werden“, betont Desmartin. „Um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, bedarf es nicht einer Energiewende, sondern einer Energierevolution“, ergänzt der Experte.

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Hilfe für Schwellenländer

Zwei Themen sollte ein bedeutender Stellenwert zukommen. Wichtig ist zum einen eine hohe Transparenz hinsichtlich der Einhaltung der nationalen Verpflichtungen der Länder, die am meisten Treibhausgase ausstoßen. Dazu zählen China, die USA, Indien, Japan und auch die europäischen Länder. Noch besser sei eine Ausweitung der Verpflichtungen. „Wenige Tage vor Beginn der Konferenz in Glasgow ist allerdings von einer derartigen Bereitschaft kaum etwas zu spüren“, stellt Desmartin fest.

Zum anderen müssen die Industrieländer jährlich mehr als 100 Milliarden US-Dollar aufbringen, um den Schwellenländern bei der Energie- und Umweltwende unter die Arme zu greifen. Diese Mittel wurden bereits auf der letzten Konferenz zugesagt, werden aber nur teilweise bereitgestellt. „Tatsächlich werden diese Finanzierungszusagen nur etwa zu 80 Prozent erfüllt, wobei Fortschritte regelmäßig angezweifelt werden können“, mahnt Desmartin.

Eine wichtige Maßnahme fehlt zudem völlig: Eine globale CO2-Bepreisung. Diese wird seit Jahren gefordert, hat es aber nicht ins Pariser Abkommen geschafft. „Leider ist davon auszugehen, dass sie trotz ihrer immensen Bedeutung auch nicht auf der COP26 behandelt wird“, kritisiert Desmartin.

Alle Großen an Bord

Die gute Nachricht sei, dass alle großen Nationen an Bord seien, auch die USA, trotz des vom ehemaligen US-Präsident Donald Trump gelebten Widerstands. „Alle Entscheidungsträger seien sich im Klaren darüber, dass wir uns unabhängig von der Pandemie oder ihrem Ende in einer Klimanotlage befinden“, gibt sich Desmartin optimistisch.

„Doch unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg der COP26, wird es kein Patentrezept geben, um den Klimawandel vollumfänglich zu bekämpfen. Ein festes Bekenntnis zu einem Plan, der leichter umsetzbar und weniger ehrgeizig ist, würde jedoch helfen, den entscheidenden Weg zum Netto-Nullpunkt einzuschlagen“, so das Fazit von Dryburgh. „Zudem hängt der Erfolg oder Misserfolg davon ab, ob die Länder zu einer internationalen Zusammenarbeit fähig sind. Genauer gesagt reichen Verpflichtungen auf nationaler Ebene nicht mehr aus, um die notwendige Verringerung der CO2-Emissionen zu erreichen“, ergänzt Wade.

„Die Messlatte für den Erfolg der COP26 liegt hoch. Immer mehr Länder verpflichten sich, innerhalb der kommenden 30 bis 40 Jahre das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Wenn sie allerdings ihre derzeitigen Klimapläne gemeinsam verwirklichen, würde sich die Welt in diesem Jahrhundert um mehr als 3 Grad erwärmen (weit entfernt von den Pariser Zielen von 1,5 bis 2 Grad Celsius). Die großen Länder müssen ihre Zusagen verstärken und ihren Verpflichtungen konkrete Taten folgen lassen“, fordert Silvia Dall’Angel, Ökonomin bei Federated Hermes.

„Ein erfolgreicher UN-Klimagipfel wird maßgeblich dazu beitragen, dass es einfacher wird, die Umweltauswirkungen von Unternehmen transparent zu machen und ganzheitlich zu bewerten. Für nachhaltig anlegende Investoren ist das enorm wichtig – denn was man messen kann, kann man auch managen“, erklärt Abbie Llewellyn-Waters, Leiterin nachhaltiges Investieren bei Jupiter Asset Management.

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