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Nachhaltig anlegen ohne Emotionen „Ein Algorithmus wählt automatisch die Aktien mit dem größten Potenzial“

Leo Willert
Leo Willert: „Durch striktes Risikomanagement wollen wir unseren Investoren auch im Nachhaltigkeitsbereich einen deutlichen Zusatznutzen bieten“ | Foto: ARTS Asset Management

derfonds.com: Risiken vermeiden oder die Renditechancen vergrößern: Was ist aus Ihrer Sicht das stärkste Argument für ESG-Investments?

Leo Willert: Mehr Ertrag bei weniger Risiko – das ist sicherlich der Wunsch eines jeden Investors. Dies gilt auch bei ESG-Fonds. Aber Investments in Unternehmen, die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, erhöhen nicht per se die Renditechancen und schützen den Anleger auch nicht vor Kurseinbrüchen. Es wird zwar gern argumentiert, dass nachhaltig wirtschaftende Unternehmen eine höhere Profitabilität aufweisen und höhere Investmentrenditen bieten, doch das wurde bisher nicht wissenschaftlich belegt. Viel mehr können Privatanleger durch nachhaltige Investments ihre eigenen ethischen Standards umsetzen und den Übergang zu einer nachhaltig ausgerichteten Wirtschaft unterstützen. Das ist angesichts des Klimawandels und der Ressourcenknappheit heute notwendiger und richtiger denn je.

Rückenwind kommt auch vonseiten der Politik: Die EU-Kommission will mit neuen Klimaschutzgesetzen, die den griffigen Namen „Fit for 55“ tragen, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent verringern. Aber Nachhaltigkeit sollte nicht nur als ökologisches Thema verstanden werden. Es handelt sich um einen Themenkomplex, der neben dem „E“ für Environment, also Umwelt, auch die soziale Verantwortung – „S“ für Social – und unter „G“ wie Governance ethische Unternehmensführung beinhaltet.

Wie sieht die Nachhaltigkeitsstrategie des C-QUADRAT ARTS Total Return ESG konkret aus?

Willert: Der C-QUADRAT ARTS Total Return ESG Fonds ist ein nachhaltiger Aktienfonds, der ESG-Kriterien mit aktivem Risikomanagement verbindet, um auch in schwierigen Börsenphasen durch die Reduktion der Aktienquote Verluste zu begrenzen. Für die Auswahl des Grunduniversums nachhaltiger Emittenten konnten wir mit der Ratingagentur Institutionell Shareholder Services ESG (ISS ESG) einen international renommierten Partner gewinnen. ISS ESG erstellt für jedes Unternehmen ein ESG Corporate Rating. Die Bewertungskriterien orientieren sich an anerkannten ESG-Standards wie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen oder den UN Sustainable Development Goals. Für jede Branche wird eine „Best-In-Class-Schwelle“ definiert, sodass Unternehmen, deren Rating niedriger ausfällt, nicht für den Fonds berücksichtigt werden. Die ESG Corporate Ratings werden laufend überprüft und die Auswahl monatlich angepasst. Außerdem kommt noch das Ausschlussprinzip zum Einsatz: Bestimmte kontroverse Branchen wie fossile Brennstoffe, Atomkraft oder Waffenindustrie werden im Vorhinein von der Selektion ausgeschlossen.

Der Fonds basiert auf einem vollautomatisierten Handelsprogramm mit trendfolgender Ausrichtung. Können Sie das erläutern?

Willert: Unser trendfolgendes, Momentum-basiertes Handelssystem ist bereits seit 2003 im Einsatz und hat mit seiner regelbasierten Entscheidungsfindung bereits in der Vergangenheit bewiesen, langfristig einen Mehrwert zu schaffen.

Um die trendstärksten Aktien zu identifizieren, wertet unser Computersystem kontinuierlich Millionen von Kursdaten aus. Ein Algorithmus wählt dann automatisiert die Aktien mit dem höchsten Momentum – also dem größten Kurssteigerungspotenzial – für das Anlageportfolio aus. Positionen, die an Momentum verloren haben, werden automatisiert geschlossen. Zudem kommen Stop-Loss-Limits zum Tragen, um Kursverluste möglichst gering zu halten. Deutet sich eine generell verschlechterte Marktlage an, kann die gesamte Aktienquote flexibel reduziert werden. Im Extremfall kann der Einfluss der Aktienquote auf die Kursperformance des Fonds sogar auf 0 Prozent heruntergefahren werden. Aber auch in diesem Fall muss nicht auf Nachhaltigkeit verzichtet werden: Das technische Handelssystem schichtet das Portfolio dann auf risikoarme Anlagen wie Anleihen um, die ebenso ESG-Kriterien erfüllen müssen. Beispielsweise werden Anleihen von Staaten, die grundlegend gegen Menschenrechte verstoßen, von der Anlage ausgeschlossen.

Was sind die Vorteile eines solchen regelbasierten Systems?

Willert: Der Hauptvorteil liegt sicherlich in der systematischen Kontrolle des Risikos. Durch das strikte Risikomanagement – kurz „R“ – wollen wir unseren Investoren auch im Nachhaltigkeitsbereich einen deutlichen Zusatznutzen – „ESG plus R“ – bieten. Denn die Begrenzung von Kursverlusten ist genauso wichtig wie die Berücksichtigung von ESG-Kriterien. ESG ohne effektives Risikomanagement beruhigt zwar das Gewissen, da man etwas für die Umwelt getan hat. Es kann einem aber auch den Nachtschlaf rauben, wenn die Kurse nach unten rutschen. So hat beispielsweise der nachhaltige Index MSCI World ESG Leaders während der Finanzkrise vom 9. Juli 2007 bis zum 9. März 2009 zwischenzeitlich rund 54 Prozent an Wert verloren. Auch in der Coronakrise mussten Anleger die Zähne zusammenbeißen: Der Index gab vom 19. Februar bis 23. März 2020 um 33,80 Prozent nach.

Gleiches Schicksal erleiden in solchen Phasen passiv gemanagte Aktienfonds beziehungsweise ETFs, die einen Markt oft 1:1 abbilden und daher zu 100 Prozent in Aktien investiert bleiben müssen. Da hilft auch ESG nichts. Die Aktie eines nachhaltig ausgerichteten Unternehmens kann zudem genauso von einem langfristig Kursrutsch betroffen sein wie die Aktie eines „konventionellen“ Unternehmens. So ist zum Beispiel die Solarindustrie in Deutschland aufgrund der Billigkonkurrenz aus Asien nach der Jahrtausendwende zunehmend unter Druck geraten und viele Unternehmen sind pleitegegangen. Die Aktienkurse börsennotierter Solarunternehmen befanden sich dementsprechend im Sinkflug. Die Aktie der Solarworld AG hat beispielsweise seit dem Ende der 1990er-Jahre über 99 Prozent an Wert verloren.

Ein weiterer Vorteil unseres regelbasierten Investmentstils ist das Heraushalten von Emotionen aus der Anlageentscheidung. Denn gerade in turbulenten Marktphasen sind auch professionelle Fondsmanager nicht von Gefühlen wie Angst oder Panik und damit von emotional bedingten Fehlentscheidungen befreit. Durch das regelbasierte Handelssystem können solche Fehler vermieden werden. Der Computer hat keine Emotionen und wählt rational die trendstärksten Aktien aus.

Willert: Fragen wir einmal provokant: Was ist dann Ihre Aufgabe als Fondsmanager?

Wir haben ja das System erschaffen beziehungsweise programmiert. Es macht genau das, was wir von ihm erwarten. Warum sollen wir jetzt unserem Bauchgefühl mehr vertrauen und gescheiter sein als das System? Außerdem kann der Computer die riesigen Datenmengen viel besser auswerten – und das rund um die Uhr. Aber auch wenn das technische Handelssystem automatisch entscheidet beziehungsweise handelt, bedarf es unserer ständigen Überwachung. Zudem wird regelmäßig evaluiert, ob die Algorithmen noch den aktuellen Marktgegebenheiten entsprechen. Eine weitere essenzielle Aufgabe ist die stetige Pflege und Aktualisierung der Kursdatenbank.

Können Sie uns ein paar Worte zur aktuellen Depotstruktur sagen? Wo sehen Sie in den kommenden Monaten das größte Potenzial?

Willert: Die Höhe der Aktienquote im C-QUADRAT ARTS Total Return ESG Fonds hängt stets von den Signalen ab, die das Trendfolgemodell liefert. Mitte Juli lag sie bei nahezu 100 Prozent. Dabei nehmen die Bankenbranche mit rund 14,7 Prozent, der Einzelhandel mit rund 13,4 Prozent und das Transportwesen mit etwa 9,3 Prozent die höchsten Anteile ein. Welche Branchen und Regionen in den kommenden Monaten das größte Potenzial haben, lassen wir den Computer entscheiden. Eine Glaskugel für die, qua Definition, unbekannte Zukunft haben wir nicht. Und ganz ehrlich: Wir haben auch noch nie jemanden getroffen, der eine besitzt und dadurch die Entwicklung der Märkte kannte (lacht).

Der C-QUADRAT ARTS Total Return ESG im Überblick

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Rendite (5 Jahre): 27,6 Prozent

Volatilität (5 Jahre): 9,2 Prozent

Sharpe Ratio (5 Jahre): 0,70

Stand: 20. Juli 2021

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