Sven Rambau
26.08.2021

Psyche überlisten Emotionen sind der schlimmste Feind des Anlegers

Der Blick in den Spiegel
Der Blick in den Spiegel: Eine verzerrte eigene Wahrnehmung und Fehler in der persönlichen Einschätzung berauben Investoren immer wieder der Rendite
© IMAGO / Westend61

Bereits vor mehr als 70 Jahren erkannte Benjamin Graham, der Vater des Value-Investing, wer der größte Feind eines jeden Anlegers ist: Er selbst. „Grahams Analyse ist heute aktueller denn je“, sagt Michael Blümke, Portfoliomanager bei Ethenea. Verzerrungen in der eigenen Wahrnehmung und Fehler in der persönlichen Einschätzung berauben Investoren immer wieder der Rendite. „Ein Investment, das ich aufgrund einer verzerrten Einschätzung tätige, ist oft ein schlechtes Investment“, erläutert Blümke. Sein Rat: Anleger sollten sich ihres sogenannten Bias, also der Verzerrung, bewusstwerden und versuchen, ihn zu neutralisieren.

„Grundsätzlich wird zwischen kognitiven und emotionalen Bias unterschieden“, erklärt Blümke. Kognitive Verzerrungen entstehen, wenn Anleger auf vermeintlich etablierte Konzepte bauen, jedoch Statistikfehler oder Ungenauigkeiten während der Informationsverarbeitung oder -speicherung ignorieren.

Bestätigung und Überschätzung

Zwei der bekanntesten kognitiven Bias sind der „Confirmation Bias“ (Bestätigungsfehler) und der „Hindsight Bias“ (Rückschaufehler). „Der Bestätigungsfehler tritt ein, wenn Menschen Informationen so auswählen und interpretieren, dass die bereits bestehende eigene Meinung bestätigt wird“, sagt Experte Blümke. Das ist besonders im Investmentbereich gefährlich. Anleger suchten dann nur noch nach Studien und Kennzahlen, die ihre eigene Investmentthese untermauern und ließen anderslautende Faktoren außer Acht. Im Resultat führe der Confirmation Bias so zu schlechten Entscheidungen, da nicht alle Sichtweisen gegeneinander abgewogen würden.

„Der Rückschaufehler hingegen führt dazu, dass mit dem Wissen um dem Ausgang vergangener Ereignisse die Fähigkeit überschätzt wird, zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Das kann den Blick in die Zukunft trüben, da die ursächlichen Umstände und Gründe des Ereignisses nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.“ 

Verluste wiegen schwerer als Gewinne

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Einer der wichtigsten emotionalen Bias, die Anleger kennen sollten, ist der „Verlustaversions-Bias“. „Dieser lässt Anleger nachweislich irrationale Entscheidungen treffen“, sagt Blümke. So konnten die Verhaltensökonomen Daniel Kahneman und Amos Tversky im Rahmen ihrer Prospect Theory nachweisen, dass für Menschen Verluste ein höheres Gewicht haben als Gewinne gleicher Höhe. „Dies führt dazu, dass Anleger bei Gewinnen risikoavers handeln, also diese zu früh realisieren, und bei Verlusten risikoaffin agieren, also diese zu lange laufen lassen“, erklärt der Ethenea-Experte. „Steht ein Investor vor einem Verlust von 100 Euro, nimmt er seine Reue viel stärker wahr als seine Freude bei einem Gewinn von 100 Euro. Obwohl es sich wirtschaftlich betrachtet um den gleichen Betrag handelt, erlebt der Anleger den Vorgang unterschiedlich“, führt  Blümke aus. 

Um solche Fehler zu vermeiden, rät Blümke zu klaren Regeln beim Investieren, einer sorgfältigen Dokumentation und einer objektiven Anlagestrategie. „Investoren sollten eine Vorstellung von Positionsgrößen, Risikobudgets und Diversifikation haben“, erklärt er. „Sie sollten sich nicht in Investments verlieben und auch andere Meinungen als die eigene berücksichtigen. Verluste sollten sie in schwierigen Börsenphasen konsequent begrenzen, am besten nach einem vordefinierten Regelsystem.“

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