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Aktualisiert am 22.07.2020 - 14:52 Uhrin ImmobilienLesedauer: 5 Minuten

empirica-Immobilienmarktausblick 2019 „Das Gleichgewicht ist labil“

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Der IWF hat Ende August vor einer Immobilienblase gewarnt – Banken gingen zunehmend riskante Geschäfte ein und die gezahlten Kaufpreise für Wohnimmobilien steigen rasant. Welche Meinung haben Sie?

Braun: Nach Aussagen der Bundesbank beleihen zumindest deutsche Banken nicht riskanter als bislang. Allerdings kennt die Bundesbank nur Mittelwerte und keine Streuungen. Bestimmt gibt es Banken mit hohen Beleihungsausläufen im Portfolio. Wenn diese nicht fristengleich refinanziert sind, wird es früher oder später neue „Bad Banks“ geben.

Was die hohen oder steigenden Kaufpreise angeht, diese sind per se unproblematisch. Schwierig sind hohe oder steigende Vervielfältiger, also sinkende Renditen. Allerdings gehört zu einer Blase immer auch ein Überangebot. Davon sind wir weit entfernt. Gleichwohl droht ein Überangebot im Hochpreissegment. Hier werden sich Preise und Preissteigerungserwartungen als erstes einem neuen Realismus nähern, spätestens wenn die Wirtschaft anfängt zu stottern.

Am 29.März 2019 verlassen die Briten die EU. Welche Auswirkungen wird der Brexit auf den deutschen Immobilienmarkt haben?

Braun: Falls der Brexit eine Wirtschaftskrise auslöst, werden natürlich Nachfrage und Preise fallen. Ansonsten werden allenfalls Frankfurt und Berlin profitieren. Es ist aber immer noch völlig unklar, wie viele Banker überhaupt dorthin wechseln.

Welche Folgen hätten aus Ihrer Sicht steigende EZB-Leitzinsen für den deutschen Immobilienmarkt?

Braun: Kapitalanleger ziehen sich mit steigenden Zinsen aus dem Wohnungsmarkt zurück, die Preise fallen. Das Ganze passiert aber auch ohne EZB, wenn die Zinsen etwa in USA weiter und kräftig anziehen sollten.

Wäre eine Zinswende für Großinvestoren ein Grund, sich von Immobilien zu trennen?

Braun: Weniger für Langfristinvestoren wie Vonovia und Wohnungsbaugesellschaften oder für Safe-Heaven-Käufer aus Russland und China, wohl aber für „artfremde“ Investoren, die sonst eher in anderen Anlageformen investiert waren.

Mit Blick auf Investoren, die ihr Geld in Immobilien anlegen: Gibt es einen Wohnungsleerstand aufgrund von Spekulations-Erwartungen?

Davon wird in der Presse hin und wieder berichtet, ich halte das allerdings für mengenmäßig absolut irrelevant. Die Leerstände außerhalb der Schrumpfungsregionen sinken seit Jahren kräftig und liegen in den Schwarmstädten nahe null. Das zeigen sowohl der neue CBRE-empirica-Leerstandsindex 2017 wie auch buchhalterische Fortschreibungen von empirica auf Basis des Zensus 2011.

Die Anbieter offener Immobilienfonds beurteilen ihre Lage 2018 als gut bis sehr gut. Auch für 2019 scheint keine Eintrübung der Stimmungslage in Sicht. Mit welchen Renditeerwartungen blicken Sie auf das Jahr 2019?

Braun: Verkäufer werden den Markt noch schönreden, auch wenn die Preise schon fallen. Natürlich sind die derzeitigen Preise und Renditen nicht nachhaltig. Welcher, wenn nicht dieser Mega-Zyklus, sollte denn mit einem reinigenden Gewitter enden? Es ist weniger die Frage „ob“, sondern vielmehr „wann“, die Umkehr zu einer neuen Realität beginnt. Bruttoanfangsrenditen von 5 oder mehr Prozent in den Schwarmstädten dürften wir jedoch auch dann nicht gleich wiedersehen.

Wie hoch ist die Blasengefahr in Deutschland im Vergleich zu anderen Immobilienmärkten?

Braun: Traditionell schwanken die Märkte in den USA oder dem Vereinigten Königreich viel stärker als in Deutschland. Das hat auch mit den spezifischen Beleihungsverhalten hierzulande zu tun: viel Eigenkapital, hohe Tilgungssätze.

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