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Entscheidung für Europa Macron muss nun für Unterstützung im Parlament werben

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Seiner Auffassung nach stellt das größte Risiko für den Moment das Timing der EZB im Hinblick auf eine allmähliche Beendigung der quantitativen Lockerungspolitik dar. Die entscheidende Frage sei, ob die Quantitative-Easing-Maßnahmen zurückgefahren werden können, ohne dadurch einen ‚Beendigungskoller‘ auszulösen, wie er in den USA zu verzeichnen war, als die Fed seinerzeit signalisiert hatte, ihre Anleihenkäufe langsam zu reduzieren. Weil mit der Wahl in Frankreich eine der größten Gefahren für Europa gebannt sei, sollte die EZB-Führung um Mario Draghi nicht zögern zu handeln: „Angesichts des vergleichsweise stabilen politischen Umfelds ist der Zeitpunkt für die EZB, eine Beendigung der quantitativen Lockerungspolitik in Betracht zu ziehen, unserer Meinung nach derzeit günstig.“

Finanzwerte vor kurzfristiger Rally

Auch Karsten Stroh, Experte für Europäische Aktien bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt/Main, hat sich über die weitere Entwicklung an den Märkten Gedanken gemacht. Die Märkte dürften eine Erleichterungsrally erleben, weil ein Außenseitersieg von Le Pen nun tatsächlich ausgeschlossen ist. Insbesondere sollten die Finanzwerte und anderer Zykliker in Europa in eine kurzfristige Rally übergehen, während defensive Titel unter Druck geraten: „Es sieht aus wie eine Rückkehr des Reflations-Trades“, so Karsten Stroh.

Nach einer „kurzen, unmittelbaren Euphorie“ werde der Markt jedoch innehalten und das Ergebnis reflektieren, blickt Stroh voraus. Denn: Trotz des Sieges bei der Präsident­schaftswahl werde Macron wahrscheinlich Mühe haben, eine Regierung ohne die Unterstützung des Parlaments zu bilden. Stroh: „Die Parlaments­wahlen finden im Juni statt und gehen wieder über zwei Runden. Derzeit haben wir keine zuverlässigen Meinungsumfragen dazu, da die gesamte Aufmerksamkeit auf die Präsidentschaftswahlen fokussiert ist.“

Macron verfügt über keine eigenen Abgeordneten

Auch Peter Hensman von Newton IM sieht Frankreich vor neuen sehr großen Herausforderungen. Macron stehe nun vor der Voraussetzung, eine deutliche Unterstützung im Parlament zu gewinnen. „Er hat seine eigene Partei ‚En Marche!‘ gegründet, die bisher aber noch keine gewählten Abgeordneten stellt, die seine Pläne auch durchsetzen könnten. Aus diesem Grund werden die Parlamentswahlen, die für den 11. und den 18. Juni angesetzt sind, maßgebliche Auswirkungen auf seine Erfolgsaussichten haben.

So wie bei der Wahl von Donald Trump in den USA dürfte diese Art Gegengewicht zum Präsidenten die Erwartungen auf einen extremen politischen Wandel jedoch etwas dämpfen. Denn: Der Wahlsieg Macrons hat nichts an den strukturellen wirtschaftlichen Problemen geändert. Diese sind auf die hohe Verschuldung, die demografische Entwicklung und die technologischen Umwälzungen zurückzuführen und haben zu der allgemeinen Unzufriedenheit und der Zerschlagung der alten politischen Struktur beigetragen.“

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