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Nicht verunsichern lassen Geldanlage – eine unendliche Geschichte

Auch wenn der Weg einmal steinig erscheint
Auch wenn der Weg einmal steinig erscheint: Anleger sollten langfristig ihre Strategie verfolgen und sich nicht zu schnell verunsichern lassen | Foto: IMAGO / Volker Preußer

Nicht mehr lange – und das Jahr ist vorbei. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Zeit der Vorhersagen gekommen ist. Wo steht der Dax Ende 2022, also in gut einem Jahr? Was ist mit dem Euro? Oder dem Ölpreis? Was passiert mit den Zinsen?

Niemand kann das seriös vorhersagen. Niemand kann es wissen. Und doch wird in unserer Branche, der Finanzindustrie, immer so getan, als würde man genau das können – Pustekuchen! Wir halten uns mit Prognosen deshalb zurück. Meine Kollegen Thomas Lehr und Philipp Vorndran verweisen in diesem Zusammenhang stets und gerne darauf, dass sie keine Kristallkugel hätten und deshalb keine Prognose abgeben könnten. Nein, die haben sie nicht. Aber alle anderen haben sie auch nicht.

Punktprognosen ähneln einer Lotterie

Und doch ist im Laufe der Jahre ein – nennen wir ihn – Prognosezirkus entstanden. Die Medien, damit meine ich vor allem die Wirtschaftszeitungen und -magazine, drucken zum Jahreswechsel große, zuweilen ganzseitige Tabellen. Darauf abzulesen: Die verschiedenen Prognosen verschiedener Finanzdienstleister zu den verschiedenen Aktienindizes, Währungen oder Rohstoffen. Ein Jahr später wird dann verglichen, wer den Glückstreffer gelandet hat – und der Zirkus beginnt von neuem. Ein scheinbar nie endender Kreislauf.

Anlegern wird so Orientierung gegeben, vermeintlich jedenfalls. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Es wird ihnen eine Pseudosicherheit vorgegaukelt, die so in Wahrheit gar nicht existiert.

Irgendetwas kommt immer dazwischen

Der größte Fehler, den Anleger machen können, ist darauf zu vertrauen und ihre Anlagestrategie danach auszurichten. Nur weil ein Bankanalyst oder Vermögensverwalter sagt, der Dax würde in zwölf Monaten 20 Prozent höher notieren, sollte niemand Dax-Aktien kaufen. Natürlich gilt das auch umgekehrt: Wer gute Aktien im Portfolio hat, sollte sie nicht abgeben, weil irgendwelche Prognosen ein schlechtes Aktienjahr vorhersagen. Irgendetwas kommt immer dazwischen, im Guten wie im Schlechten.

Die Prognosen an sich sind noch nicht einmal das Problem. Das Problem ist die Idee hinter der Prognose, das Denken in Zeiträumen, in Kalenderjahren. Zumindest, wenn es um den Aktienmarkt geht. Warum ist das ein Problem? Um diese Frage zu beantworten, würde ich gerne etwas näher auf unsere Perspektive eingehen. Auf die Perspektive desjenigen, der Geld für andere anlegt.

Unser Job endet nicht am 31. Dezember, auch nicht an irgendeinem anderen (Stich)Tag. Selbst wenn wir in einem (Kalender)Jahr besonders gut abschneiden, sollten wir nicht damit prahlen, denn dafür können sich unsere Anleger erst einmal nichts kaufen. Es ist eine Momentaufnahme, nicht mehr.

Es geht um langfristig ordentliche Renditen

Unser Job ist vielmehr ein langfristiger. Chancen und Risiken abzuwägen – jeden Tag auf neue. Wieder und wieder. Es geht also darum, eine konsistente Anlagestrategie dauerhaft zu verfolgen. Es geht um Stetigkeit, darum, langfristig ordentliche Renditen zu erwirtschaften für unsere Anleger. Deren Erwartungen an uns im Idealfall zu übertreffen. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

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Im Grunde ist Geldanlegen eine unendliche Geschichte. Sie lässt sich nicht in Schubladen packen oder an einzelnen Stichtagen ausrichten. Rendite gibt es nicht auf Bestellung, zumindest nicht am Aktienmarkt.

Aus diesem Grund orientieren wir uns auch nicht an Referenzindizes, an Benchmarks, wie es im „Finanzsprech“ so schön heißt. Weil uns das nur ablenken würde von unserer eigentlichen Aufgabe, dem zuvor beschriebenen Abwägen von Chancen und Risiken. Wer permanent auf den Index starrt, neigt dazu, zu viel in die Entwicklung hineinzuinterpretieren und deshalb falsche Schlüsse zu ziehen. Er neigt dazu, Trends abzubilden, die ein Index für den Moment spiegelt. Womöglich läuft er damit den Trends hinterher, die er abzubilden versucht – und ist letztlich viel zu spät dran.

Ein Spekulant tut so etwas, ein Investor tut es nicht.

Gute Geldanlage braucht Zeit

Ein Investor, gleich ob Profi oder Laie, sollte nicht in Indizes denken, sondern in einzelnen Investments, in Unternehmen beispielsweise, deren Aktien oder Anleihen er kauft. Und das langfristig. Nicht in Quartalen oder Halbjahren. Auch nicht in Kalenderjahren. Gute Geldanlage braucht Zeit, um sich entfalten zu können. Zeit ist der stärkste Verbündete eines Anlegers. Bei der Immobilie schauen die Eigentümer auch nicht täglich auf den potenziellen Verkaufspreis.

So viel zu unserer grundsätzlichen Herangehensweise…

Natürlich muss die in Einklang gebracht werden mit den Kundenbedürfnissen. Nicht jeder Anleger hat viele Jahre oder gar Jahrzehnte Zeit. Wer beispielsweise Geld für eine wichtige Anschaffung braucht, der sollte das Geld nicht am Aktienmarkt „zwischenparken“.

Wer Geld anlegt, muss sich anfangs immer fragen, wie lange er es entbehren kann und welche Renditeerwartung er hat. Erst wenn das geklärt ist, lassen sich eine sinnvolle Anlagestrategie, die passenden Anlagen und Anlageprodukte finden.

Insofern kommt es vor allem darauf an, Investments zu finden, die zu den Anlagezielen und Bedürfnissen eines Anlegers passen. Was nichts anderes bedeutet, als dass Bank- und Vermögensberatern eine besondere Verantwortung zu kommt, aber auch uns Produktspezialisten, als Mittler und Erklärer zwischen Beratern und Anlegern.

Geldanlage endet nie. Geldanlage ist eine unendliche Geschichte.

Über den Autor:

Stephan Fritz ist seit 2015 als Product Specialist Mitglied des Multi-Asset-Teams der Flossbach von Storch AG unter der Leitung von Dr. Bert Flossbach, Gründer und Vorstand des Unternehmens.

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