LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in NewsLesedauer: 3 Minuten

Steigende Staatsverschuldung Inflation beendet goldene Zeiten an Finanzmärkten

Besucher vor der Frankfurter Börse
Besucher vor der Frankfurter Börse: Mit der Leichtigkeit der vergangenen Jahre, als praktisch alle Vermögenswerte stetig zulegten, dürfte es bald vorbei sein | Foto: IMAGO / Patrick Scheiber

„Die Baby-Boomer gehen in den kommenden Jahren in Rente, der Nachwuchs fehlt. Daher erfahren wir eine massive Überalterung“, sagt Harald Preißler, Aufsichtsratsvorsitzender der Bantleon AG. „Die Folge wird eine Knappheit an Arbeitskräften sein. Damit wird es zwangsläufig ein deutlich höheres Lohnwachstum geben, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.“

Die steigende Staatsverschuldung stehe ebenfalls im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung: „Sie macht mit Corona einen gewaltigen Sprung und wir werden sie wahrscheinlich nicht mehr abbauen können, weil wir einen wachsenden Anteil der Staatsausgaben für die Finanzierung der Sozialversicherungen aufwenden müssen.“

Zur Deglobalisierung stellt Preißler fest, dass sie bereits vor Donald Trumps Präsidentschaft begonnen habe, nämlich 2008 infolge der globalen Finanzkrise. „Seither ist eine zunehmende Tendenz hin zu Protektionismus und Abschottung zu beobachten. Hinzu kommt der Trend zur Renationalisierung von Produktionsprozessen, weil viele Unternehmen feststellen mussten, dass die globalen Lieferketten nicht zuverlässig genug sind.“ Produktionsstandorte würden künftig nicht mehr primär unter Kostengesichtspunkten ausgewählt, sondern zunehmend nach der Stabilität der Wertschöpfungsketten. „Der von dieser Seite seit 30 Jahren wirkende deflationäre Effekt kehrt sich mithin um.“

Auch die Fiskalpolitik spiele eine völlig neue Rolle: „Die Geldpolitik stößt an die Grenzen ihrer Möglichkeiten, auch rechtlich“, erklärt Preißler. „Sie hat in den vergangenen Jahren zwar eine unglaubliche Menge an Liquidität geschaffen, damit aber nur sehr überschaubare Effekte in der Realwirtschaft erzielt.“

Die goldenen Zeiten an den Finanzmärkten neigen sich dem Ende zu

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Die weltweiten Corona-Hilfen führten zusammen mit den Investitionen für die Bekämpfung des Klimawandels sowie der Modernisierung der Infrastruktur zu stärkeren realwirtschaftlichen Ausschlägen sowie zu höheren Inflationsraten. In den kommenden Jahren sei mit einem nachhaltigen Anstieg über die 2-Prozent-Schwelle zu rechnen – „und durchaus auch mal wieder eine 4 oder sogar eine 5 vor dem Komma“ möglich.

An den Finanzmärkten müsse als Folge der markant steigenden Inflation mit deutlichen Auswirkungen gerechnet werden: „Die Geldpolitik wird über kurz oder lang ihre schützende Hand von den Finanzmärkten wegziehen müssen, weil sie juristische Grenzen erreicht haben wird“, prognostiziert Preißler. „Bei Inflationsraten von 3 bis 5 Prozent können die Zinsen nicht nahe der Nulllinie verharren. Sie werden dann ebenfalls anziehen und könnten beispielsweise für 10-jährige Bundesanleihen auf 3 Prozent steigen.“

Mit der Leichtigkeit der vergangenen Jahre – alle Asset-Preise steigen – werde es dann vorbei sein. „Für die Asset-Management-Branche bedeutet das eine Umstellung. Im Anleihebereich gewinnt das Durations-Management, also aktives Laufzeitenmanagement, massiv an Bedeutung. Nur so lassen sich Verluste begrenzen beziehungsweise Gewinne sichern. Inflationsindexierte Anleihen werden die Asset-Klasse dieses Jahrzehnts, weil der Coupon mit der Inflation steigt, was einen automatischen Schutz für den Anleger bietet. In den Fokus rücken wird ferner die aktive Bewirtschaftung von Risikoprämien, auch entlang des Konjunkturzyklus.“

An den Aktienmärkten seien die Herausforderungen wegen der hohen Bewertungen noch größer: „Die Geschichte hat uns gelehrt, dass die Aktienmärkte in der Dekade nach solch extrem hohen Bewertungen stets weit unterdurchschnittlich abgeschnitten haben. Für den MSCI World errechnet sich auf diese Weise für die kommenden zehn Jahre ein Ertrag von knapp unter 0 Prozent – kein gutes Umfeld für marktbreite ETFs“, stellte Preißler fest.

„Diesem makroökonomischen Regime wird sich niemand vollends entziehen können. Aber man kann die Renditen im eigenen Portfolio steigern, indem man Aktien von denjenigen Unternehmen auswählt, die schwer ersetzbare oder einzigartige, überlegene Geschäftsmodelle mit Preissetzungsmacht haben.“

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion