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Interview zum Yellen-Nachfolger Jerome Powell „Wird Powell Trumps Empfehlungen folgen?“

Herr Waechter, was bedeutet die Nominierung von Jerome Powell zum Nachfolger von Janet Yellen?

Philippe Waechter: Die Nominierung von Jerome Powell für den Posten des US-Notenbankchefs hat keine Erschütterungen ausgelöst. Schließlich setzt er auf die gleichen ökonomischen und geldmarktpolitischen Ansätze wie Janet Yellen. Allerdings gilt er im Hinblick auf das aufsichtsrechtliche Umfeld als marktfreundlicher als Yellen. So geht man davon aus, dass er die Niedrigzinspolitik zwar fortsetzen, bei der Finanzmarkt- und Bankenaufsicht aber Änderungen vornehmen wird. Deshalb kann diese Personalie aus Sicht eines Finanzinvestors an der Wall Street gar nicht falsch sein. Gleichzeitig deckt sich diese Strategie auch mit den Vorstellungen des Weißen Hauses bezüglich der Geldmarktpolitik.

Bislang hat Powell immer alles abgenickt, was Janet Yellen auf den Weg gebracht hat. Die US-Notenbank steht aber vor großen Herausforderungen und schwerwiegenden Entscheidungen. Ist Powell dafür der richtige Mann?

Waechter: Sie haben Recht, an dieser Stelle kann diese Analyse noch nicht zu Ende sein. Powell ist nämlich kein ausgewiesener Spezialist für monetäre Fragen – und das in einer Phase, in der die Fed ihre Geldmarktpolitik wieder normalisiert. Die US-Notenbank hat kürzlich einen außergewöhnlichen Prozess eingeleitet, der eine Anhebung der Zinsen, eine Verringerung des Bilanzumfangs sowie eine Beibehaltung der niedrigen Arbeitslosenquote und einer Inflationsrate von 2 Prozent vorsieht.

Das Erreichen all dieser Ziele stellt für die Notenbanker vermutlich die schwierigste Aufgabe dar. Und für jemanden, der mit der Theorie der Geldmarktpolitik vielleicht nicht so vertraut ist wie Bernanke und Yellen, kann das durchaus eine wirklich schwierige Aufgabe sein. Warum ist das so? Weil es auf konjunktureller Ebene sowohl positive als auch negative Schocks gibt, auf welche die Geldmarktpolitik dann umgehend reagieren muss.

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Bisher ist Powell nämlich lediglich der Marschrichtung, die Yellen vorgegeben hat, gefolgt. Was aber passiert, wenn er nun selbst den Weg vorgeben muss? Es ist klar, dass die Personalie des US-Notenbankchefs für die Glaubwürdigkeit der umgesetzten Geldmarktpolitik entscheidend ist. Gut beobachten ließ sich dies beispielsweise im Euroraum, wo die Nominierung von Mario Draghi die Dinge grundlegend verändert und die Eurozone damit möglicherweise gerettet hat.

Auf den Punkt gebracht: Wie fällt Ihr Fazit zu Powell aus?

Waechter: Es wird interessant sein, die Lage zu beobachten. Wir können also nicht einfach davon ausgehen, dass Powell auf jeden Fall an die Geldmarktpolitik seiner Vorgängerin anknüpfen wird. Er wird ganz anders an die monetäre Strategie herangehen. Und wir wissen auch nicht, wie er ganz persönlich auf eine Schocksituation reagieren wird.

Bezüglich des aufsichtsrechtlichen Umfelds verfolgt Powell aber einen anderen Ansatz als Janet Yellen, die ja eher eine strengere Regulierung bevorzugt…

Waechter: Nein, auch auf monetärer Ebene wird Yellens Strategie wohl nicht eins zu eins fortgeführt werden. Und ich bin davon überzeugt, dass es dabei um mehr als lediglich geringfügige Unterschiede gehen wird. Entscheidend wird auch sein, wie sich Janet Yellen in Zukunft verhalten wird. Ihr Mandat als Fed-Mitglied läuft nämlich eigentlich erst im Januar 2024 aus. Aber wird sie dieses Mandat weiterhin wahrnehmen, nachdem Präsident Trump sie als Notenbankchefin abgesetzt hat? Ihre Pressemeldung, die sie nach der Nominierung von Powell herausgegeben hat, spricht dafür, dass sie zumindest für den Moment bleiben wird, um auf diese Weise einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen. Das wäre dann natürlich das denkbar beste Szenario.

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