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Aktualisiert am 17.09.2020 - 09:34 Uhrin NewsLesedauer: 3 Minuten

J.P. Morgan Asset Management Ist die hohe Bewertung der „Bleib-Zuhause-Aktien“ gerechtfertigt?

Werbung des Sportartikelherstellers Peloton am Times Square in New York
Werbung des Sportartikelherstellers Peloton am Times Square in New York: Kurstreiber sind vor allem die sogenannten „Bleib-Zuhause-Aktien“ | Foto: imago images / Levine-Roberts

Im Durchschnitt sind die US-Aktien derzeit mit dem knapp 23-fachen des erwarteten Gewinns bewertet und damit auf dem höchsten Niveau seit der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Kurstreiber sind dabei vor allem die sogenannten „Bleib-Zuhause-Aktien“. Denn die globalen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie führten zu erheblichen Veränderungen im Arbeits- und Konsumverhalten.

Viele Aktivitäten erfolgen verstärkt von Zuhause aus. Online-Einzelhändler, Technologieunternehmen oder Pharmaunternehmen profitieren von dieser Entwicklung. „Die scharfe Differenzierung der Märkte zwischen Gewinnern und Verlierern der Corona-Krise hat zu erheblichen Bewertungsdivergenzen insbesondere zwischen Wachstumsaktien und Substanzwerten geführt“, erklärt Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management.

Für Anleger stellt sich nun die Frage, ob die wachstumsorientierten „Bleib-Zuhause-Aktien“ noch realistisch bewertet sind und wann wohl die „Ausgeh-Aktien“ aus Branchen wie Restaurants, Hotels und Freizeit, Öl und Gas oder Luftfahrt, die durch Lockdown-Maßnahmen erhebliche Ertragseinbußen erleiden, wieder Auftrieb bekommen könnten.

Segment der „Bleib-Zuhause-Aktien“ mit 25 Prozent Vorsprung vor den „Ausgeh-Aktien“

Insbesondere auf dem US-Aktienmarkt hing in den vergangenen sechs Monaten der relative Investmenterfolg sehr stark von der Stabilität der Gewinne ab. „Bleib-Zuhause-Aktien haben sich in diesem Jahr im Schnitt um 25 Prozent besser entwickelt als Ausgeh-Aktien“, erläutert Tilmann Galler. Auf dem US-Aktienmarkt ist der Bewertungsaufschlag von Wachstumsaktien – unter denen viele „Bleib-Zuhause-Aktien“ sind – bei Betrachtung des Kurs-Buchwert-Verhältnisses inzwischen höher als in der Hochphase der Dotcom-Blase.

„Einen zusätzlichen Schub bekommen Wachstumsaktien noch von den Zentralbanken, die durch Zinssenkungen und Kaufprogramme die langfristigen Anleihenrenditen kräftig gesenkt haben, wodurch der Abzinsungsfaktor für die zukünftigen Gewinne fällt und der Unternehmenswert entsprechend steigt“, analysiert Tilmann Galler.

Grafik: Wertentwicklung des S&P 500 differenziert nach Covid-19-Einfluss

                           Quelle: Standard & Poor‘s, J.P. Morgan Asset Management. Stand der Daten: 17. August 2020

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Voraussetzungen für eine Trendwende hin zu Substanzwerten

Für eine nachhaltige Trendwende weg von den teuren Wachstumsaktien hin zu Substanzwerten müsste nach Ansicht des Marktexperten mindestens eines der zwei folgenden Szenarien eintreten:

  • Erstens müssten nachhaltige Erfolge in der Pandemiebekämpfung erzielt werden, die für die stark betroffenen Branchen wieder ein normales Geschäftsumfeld schaffen. Doch ob in der medizinischen Forschung in der nächsten Zeit ein Durchbruch erzielt werde, ist derzeit ungewiss.
  • Zweitens müsste sich das Wachstum der Wirtschaft so kräftig erholen, dass die Zentralbanken ihre Anleihenkäufe reduzieren und die Renditen der Staatsanleihen wieder ansteigen. „Die aktuellen geldpolitischen Leitlinien der Notenbanken geben keinerlei Anhaltspunkte, dass dies in den nächsten Monaten eintreten könnte. Vielmehr überwiegen aktuell die Sorgen über die weitere Entwicklung der Konjunktur“, erklärt Galler. So könne bei weiterem Andauern der Pandemie die Bewertungsdivergenz zwischen Growth und Value durchaus noch einige Zeit Bestand haben.

Robuste Bilanzen und Geschäftsmodelle als Qualitäts- und Investitionsmerkmal

In dieser Phase erhöhter Unsicherheit sind für den Marktstrategen bis auf weiteres weder teure Wachstumsaktien noch angeschlagene Value-Aktien besonders attraktiv. „Es ist für uns naheliegender, in Unternehmen zu investieren, die über eine robuste Bilanz verfügen und auch in diesen Zeiten rentabel wirtschaften können – also Qualitätsaktien. Im Gegensatz dazu versuchen wir, Investitionen in Unternehmen mit hoher Verschuldung und hohem operativen Risiko zu vermeiden“, sagt Galler.

Hinsichtlich der allgemeinen Bewertung sei das ungewohnt hohe Bewertungsniveau des Aktienmarktes gerechtfertigt, solange aufgrund expansiver Zentralbanken die Realzinsen tief negativ seien und gleichzeitig die Staaten kräftig Konjunkturpakete schnürten. „In einer Vollkaskowirtschaft lohnt sich Risikonahme“, führt der Stratege aus.

„Doch wehe, wenn das Sicherheitsnetz zukünftig ausgedünnt werden sollte. Dann wird sich die gestiegene Fallhöhe der Aktienmärkte schnell sehr schmerzlich bemerkbar machen. Eine ausgewogene und diversifizierte Allokation zwischen Aktienrisiken und sicheren Anlagen bleibt deshalb für uns auch im noch jungen Bullenmarkt das Gebot der Stunde“, so das Fazit von Tilmann Galler.

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