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in Nachhaltigkeit, ESG & SRILesedauer: 8 Minuten

Klimawandel im Depot „Kennen Sie die CO2-Bilanz Ihres Portfolios?“

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Inwieweit hängt der CO2-Fußabdruck eines Fonds also letztlich auch von der Methode ab?

Stahl: Sagen wir es einmal so: Jede Methode hat Vor- und Nachteile. Leider gibt es noch keine perfekte Herangehensweise. Auch wenn verschiedene Protokolle und Standards die Messung der Treibhausgasemissionen von Portfolios bis zu einem gewissen Grad harmonisieren, bestehen nach wie vor Unterschiede im Reporting.

Darüber hinaus sind die Messungen des CO2-Fußabdrucks nur so gut wie die Daten, mit denen sie berechnet werden. Die Datenqualität variiert je nach Land und Unternehmen, und manche Unternehmen legen weiterhin keine Emissionen vor. In einem solchen Fall verwenden Datenanbieter – wie MSCI ESG CarbonMetrics – ihre eigenen Schätzmethoden.

Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass die gewichtete durchschnittliche CO2-Intensität nicht auf alle Portfolios angewendet werden kann. Berücksichtigt werden können direkte Investments in Aktien und Unternehmensanleihen, jedoch keine indirekten Beteiligungen über Derivate wie Index-Futures oder Short-Positionen. Auch werden sowohl Staatsanleihen als auch das Währungsrisiko in den Portfolios außer Acht gelassen.

Welche Methode setzt J.P. Morgan Asset Management zur Berechnung der durchschnittlichen CO2-Intensität eines Portfolios ein?

Stahl: J.P. Morgan Asset Management hat sich für die gewichtete durchschnittliche CO2-Intensität als Maßstab entschieden. Dieser misst das Engagement eines Portfolios in kohlenstoffintensiven Unternehmen auf vergleichbare Weise, die sowohl auf Aktien- als auch auf festverzinsliche Anlagen angewendet werden kann. Somit kann sie als Messgröße für die Exposition eines Portfolios gegenüber klimawandelbedingten Risiken dienen, zum Vergleich mit anderen Portfolios oder mit einem Richtwert oder einer Benchmark. Dies hat sich als nützlichste Kennzahl für die Portfoliomanager erwiesen, um die Risiken des Klimawandels zu überwachen und zu steuern beziehungsweise um Anleger zu informieren, die das CO2-Risiko berücksichtigen möchten.

Was verspricht die verstärkte Transparenz für die Zukunft der Unternehmen?

Stahl: Wir bemerken positiv, dass viele Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen. Zum Beispiel stellen Reedereien aufgrund der neuen Vorschriften vom Jahr 2020 entweder auf schwefelarme Kraftstoffe um oder installieren Filteranlagen, um die Emissionen von Brennstoffen mit höherem Schwefelgehalt zu reduzieren. Auch Energieversorger verlagern ihren Brennstoffmix von Kohle auf Erdgas und erneuerbare Energien. Andere Firmen versuchen den CO2-Ausstoß zu reduzieren oder zumindest durch den Handel mit Emissionsgutschriften in Regionen wie der EU zu kompensieren.

Wie wirkt sich das auf die Investmentprozesse von J.P. Morgan Asset Management aus?

Stahl: Für unsere eigenen Investmentprozesse beurteilen unsere Analysten, ob die von den Unternehmen gemeldeten CO2-Emissionen ihren tatsächlichen Fußabdruck im Laufe der Zeit eventuell zu hoch oder zu niedrig ausweisen. Das Problem ist ja, dass die Messung der CO2-Emissionen naturgemäß rückwärtsgewandt ist. Aber die CO2-Bilanz kann durch vorausschauende Kennzahlen ergänzt werden. Diese erleichtern die Prognose höherer CO2-Emissionen – etwa aus fossilen Brennstoffreserven, mit Schwerpunkt auf Kohle, Ölsande, Schieferöl und Schiefergas – oder geringerer Emissionen – zum Beispiel durch sauberere Technologien, Energieeffizienz, alternative Energie, nachhaltige Wasserwirtschaft oder Vermeidung von Umweltverschmutzung.

Perspektivisch gefragt: Wohin führt letzten Endes die verbesserte Durchsichtigkeit der Umweltbilanz von Unternehmen?

Stahl: Das Potenzial zur Anpassung – oder sogar radikalen Veränderung – der Geschäftsmodelle bietet unseren Teams die Grundlage, um einen konstruktiven Dialog mit den Unternehmen aufzubauen. Dabei geht es um eine bessere Offenlegung und Governance sowie die langfristige Reduzierung der CO2-Emissionen. Einige Unternehmen haben sich die Regierungen als Beispiel genommen und ehrgeizige Ziele für mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte festgelegt, die sie letztendlich zur Klimaneutralität verpflichten, ohne Nettoemissionen von Treibhausgasen. Der CO2-Fußabdruck ist daher ein bewegliches Ziel. Binnen weniger Jahre wird sich der Fortschritt zeigen. Ich bin mir sicher: Wenn ich Sie dann fragen würde, ob Sie die CO2-Bilanz Ihres Portfolios kennen, hätten Sie ganz sicher eine Antwort parat.

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