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Aktualisiert am 22.07.2020 - 11:37 Uhrin FondsLesedauer: 4 Minuten

Long-Short-Strategien von UBS-AM „Software, Gesundheit und Luxus haben wir fest im Blick“

der fonds: Herr Anderl, zum Jahresende 2018 kam es zu massiven Korrekturen am Markt. Dadurch könnten sich Einstiegschancen ergeben. Auf welche Sektoren setzen Sie derzeit im Long-Bereich?

Max Anderl: Wir haben relativ gute Aktien mit stetigen Erträgen, die zur guten Performance im vergangenen Jahr beigetragen haben. Wir sind weiterhin im IT-Bereich der USA übergewichtet.

Da ging es aber ziemlich kräftig nach unten oder?

Anderl: Im Software-Bereich nicht, aber bei den Halbleiterherstellern. Wir setzen auf widerstandsfähige Aktien im Portfolio, die chancenreiche Kennzahlen aufweisen.

Welche weiteren Sektoren neben Software erscheinen Ihnen interessant?

Anderl: Wir schätzen auch Aktien aus den Bereichen Bezahldienstleister und Cyber-Sicherheit, ebenfalls insbesondere aus den USA. Auch in bestimmten Healthcare-Werten sind wir long. Wir haben im vergangenen Jahr beispielsweise die Roche-Aktie gekauft. Für den Healthcare-Gesamtmarkt erwarten wir zwar in diesem Jahr keine auffällig guten Unternehmensgewinne, der Ausblick sieht mittel- bis längerfristig aber sehr gut aus. Uns reizt außerdem auch der Energiesektor aufgrund des Rückgangs des Ölpreises, hier sehen wir deutliche Unterbewertungen. 

Was muss eine Aktie mitbringen, damit sie bei Ihnen den Weg ins Portfolio findet?

Anderl: Viele der Aktien, die im vergangenen Jahr stark verloren haben, sind im Januar schon wieder nach oben geklettert. Man muss die Wachstumsfelder fest in den Blick nehmen und darauf achten, welches Wachstumspotenzial die jeweiligen Werte haben. Insbesondere bei Value-Aktien gilt: Hier ist ganz entschieden auf die Qualität zu schauen. Aber wer sich zu sehr auf Value-Aktien stützt, kann einen Fehler begehen: Nur weil Aktien supergünstig erscheinen, heißt das noch lange nicht, dass sie auch gute Werte sein müssen. Aktien von guter Qualität hingegen tendieren dazu, sich nach Kursrücksetzern, die den ganzen Markt erfassen, wieder an die Normalität anzupassen. Schwieriger sind Aktien, deren Einnahmen niedrig sind oder gar nicht vorhanden, deren Sales-Kosten jedoch Jahr für Jahr in die Höhe klettern. In der Modebranche gibt es einige dieser Kandidaten.

Besser sind Luxusgüterhersteller…

Anderl: Ein Branchenführer der Luxusgüterindustrie rangiert bei uns im Fonds unter den Top-Ten-Unternehmen. Fraglich ist, ob der Umsatz in China, wo es einen riesigen Markt für Luxusgüter gibt, in den nächsten Jahren rückläufig sein wird. Binnen Kurzem feiert das planwirtschaftlich geführte Land sein 70-jähriges Jubiläum, kaum vorstellbar, dass die Regierung die Stabilität der Volkswirtschaft um dieses historische Datum herum unbeaufsichtigt lässt. Schon im Sommer 2017, kurz vor dem kommunistischen 5-Jahres-Kongress, wurden weitreichende wirtschaftliche Stimulusmaßnahmen verabschiedet. Das hat blendend funktioniert.

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Aktuell hat der Markt den Fall fast schon wieder eingepreist, falls Chinas Regierung der Wirtschaft beispringt. Hinzu kommt: Die Chinesen sparen sehr viel von ihrem verfügbaren Einkommen, wegen Auflagen im Kapitalverkehr kann das Geld nicht aus dem Land heraus. Hier ist also viel Geld für Konsum vorhanden, das mit überlegter Fiskalpolitik im Bedarfsfall aktiviert werden kann, um die Wirtschaftsdynamik anzukurbeln.

In welchen Sektoren gehen Sie short?

Anderl: Von Industriewerten lassen wir derzeit zumeist die Finger. Sie sind trotz der Korrekturen am Markt relativ hoch bewertet – und zeigen kaum Wachstum oder wirtschaften sogar in den roten Zahlen. Das Gleiche gilt für klassische Retailer, die unter dem Trend zum Online-Handel leiden. Kurz gesagt: Wir setzen auf fallende Preise bei Werten, die aus fundamentaler Sicht über nur wenig Potenzial nach oben verfügen.

Wie geht es am Markt jetzt weiter? Wie positionieren Sie sich?

Anderl: Wir sehen eine globale Wachstumsverlangsamung. Die Kurve des Wachstumstrends biegt sich nach unten. Wir sind vorsichtig optimistisch. Im Dezember hielten wir viel Liquidität vor, diese Position haben wir aufgrund guter Wiedereinstiegschancen zum Jahresbeginn reduziert. Jetzt bauen wir wieder etwas Cash auf. Vor allem die zukünftige Politik der US-Notenbank bleibt weiterhin sehr interessant. Jerome Powells Vorgänger waren eher marktbetont, er hingegen scheint sich in dieser Hinsicht von den Märkten nicht die Richtung vorgeben lassen zu wollen. In den vergangenen Jahren wurden die Märkte von der Geldpolitik angeschoben, folglich stiegen die Bewertungen. Wenn dieser Stimulus ausbleibt, nehmen wir als Fondsmanager die neue Herausforderung gerne an. 

Wie sehen die Chancen für Long- und Short-Ansätze aus?

Anderl: Long- und Short-Strategien werden wieder interessant. Viele Werte sind im Januar schon wieder stark gestiegen. Jetzt gilt es, angesichts dieser Zuwächse die fundamentalen Kennzahlen anzuschauen: Bieten sie eine solide Grundlage für die hohen Kurszuwächse? Oder hapert es hier? Im zweiten Fall können sich Chancen auftun, um die raschen Kursgewinne zu Geld zu machen.

Letzte Frage: Wie fällt Ihr Fazit zu Qualitätstiteln aus? Erholen diese sich wieder?

Anderl: Die Bewertungen stabiler Aktien erscheinen nach den Korrekturen im Jahr 2018 inzwischen wieder attraktiv. Es gibt hier wieder gute Einstiegsmöglichkeiten – nicht zuletzt, weil die Gewinne der Unternehmen weiterhin in Ordnung sind. Nicht überragend gut, aber solide. Darüber hinaus sind Aktien im bestehenden Anlageumfeld weiterhin relativ alternativlos.

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