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Optimistische Marktstimmung (Noch) keine Angst vor Blasenbildung

Fed-Chef Jerome Powell
Fed-Chef Jerome Powell: Aus seiner Sicht ist der Zusammenhang zwischen niedrigen Zinsen und hohen Asset-Preisen vermutlich nicht so eng, wie die Leute glauben | Foto: IMAGO / UPI Photo

Viele Anleger waren nicht ausreichend engagiert und haben Gelegenheiten verpasst – zum jetzigen Zeitpunkt fällt der Kauf schwer. Wir sind der Ansicht, dass die Märkte noch nicht überkauft sind, dass Bewertungen nur wenig Aufschluss über die kurzfristige Performance geben und dass es, bei einem Ausbleiben externer Schocks, noch Spielraum gibt – noch.

Nach einer solchen Rally lautet die zentrale Frage, die Anleger sich stellen: Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Verkaufen? Investoren, die in Risikoanlagen untergewichtet waren oder nicht rechtzeitig zyklische Anlagen erworben haben, um von der Rotation zu profitieren, fragen sich derzeit, ob sie jetzt noch einsteigen sollten.

Eine der entscheidenden Fragen derzeit sollte lauten, welche Kräfte treiben die Rally und wird sie weiter anhalten? Wir analysieren anhand eines auf vier Säulen basierenden Rahmenwerks makroökonomische Faktoren, die auf Konjunkturdaten, Geld- und Fiskalpolitik, Anlegerstimmung und Bewertungen wirken. Unsere grundlegende Einschätzung zu Beginn dieses Jahres ist, dass die Rally kurzfristig anhalten kann.

Starke Fundamentaldaten deuten auf positive Wirtschaftsdynamik

Die Fundamentalindikatoren deuten nach wie vor auf eine positive Wirtschaftsdynamik hin. In den USA verhalten sich Verbraucherdaten wie Arbeitsmarktzahlen, Kreditkartenausgaben und Mobilitätsdaten trotz Zunahme der Covid-19-Infektionen weiterhin stabil. Ebenfalls liefern Unternehmensbefragungen ein optimistisches Bild. Der Produktionssektor profitiert von niedrigen Lagerbeständen nach der Krise, die derzeit zu einem hohen Produktionsniveau führen.

Die starken Fundamentaldaten werden durch eine extrem lockere Geld- und Fiskalpolitik unterstützt. Die Ergebnisse, zu denen die US-Notenbank bei der Überprüfung ihrer Politik im vergangenen Jahr kam, stellen die wichtigste Veränderung im Zentralbankwesen seit den 1970er-Jahren dar.

Die Fed und andere Akteure werden künftig nicht mehr versuchen, der Inflation mit aggressiven Vorsichtsmaßnahmen zuvorzukommen. Stattdessen werden sie die Konjunktur „heiß laufen lassen“, bis eine Inflation nachgewiesen werden kann. Die lockere Geldpolitik dürfte 2021 weitgehend oder sogar für das gesamte Jahr bestehen bleiben – Mutmaßungen über eine baldige Straffung sind verfrüht.

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US-Konjunkturpaket und Marktstimmung von entscheidender Bedeutung

Zudem hat US-Präsident Biden bereits seine Absicht verkündet, ein enormes Konjunkturpaket auf den Weg zu bringen. Auch wenn seine ambitionierten Pläne durch die politischen Prozesse verwässert werden dürften, wird das letztlich verabschiedete Paket einen bedeutenden Einfluss haben. Auf anderer Ebene herrscht Einigkeit darüber, dass der Sparkurs nach der globalen Finanzkrise ein Fehler war, weshalb weiterhin eine hohe Bereitschaft für öffentliche Ausgaben besteht. Entscheidend für Anleger ist die Frage, welcher Akteur die Konjunkturanreize voraussichtlich zuerst einstellen wird, und was dies für die regionalen Allokationsentscheidungen bedeutet.

Die Bewertungen sind bei der Prognose kurzfristiger Renditen nicht hilfreich und spielen daher zum aktuellen Zeitpunkt eine geringere Rolle. Es ist die Marktstimmung, in die wir wohl derzeit den Löwenanteil unserer Zeit investieren, um nach Anzeichen für eine Blasenbildung zu suchen.

Unsere aktuelle Einschätzung ist, dass Anleger in den vergangenen Monaten optimistischer geworden sind, die Stimmung jedoch noch nicht den Punkt erreicht hat, an dem wir übermäßig besorgt wären. Obwohl die Marktvolatilität stark abgenommen hat, liegt der VIX-Index noch knapp zehn Punkte über seinem Vorjahresstand. Zudem ist Kapitalschutz nach wie vor ungewöhnlich teuer, was auf eine gewisse Vorsicht der Anleger hindeutet.

Rally dürfte vorerst anhalten

Wir schließen daraus, dass die Marktstimmung zwar Anlass zu zunehmender Sorge gibt, gehen aber vorbehaltlich eines Ausbleibens externer Schocks davon aus, dass diese Rally noch Spielraum hat und es noch nicht an der Zeit ist, um nach dem Notausgang zu suchen. Sicher ist es immer schwierig, Vorhersagen über die Lage in sechs Monaten zu treffen, doch wir gehen davon aus, dass die Rally etwa zur Jahresmitte hin auslaufen dürfte.

Das Wirtschaftswachstum befindet sich nach der Krisenphase noch immer auf Erholungskurs, und die Wachstumsdynamik wird sich abschwächen – je mehr wir uns dem dritten Quartal nähern. Nach der Verabschiedung eines umfassenden Konjunkturpakets wird sich die US-Regierung unter Joe Biden um den Ausgleich des Haushalts kümmern und Steuererhöhungen sind wahrscheinlich.

Parallel dazu dürfte die Fed verstärkt Signale über eine Verringerung der lockeren Geldpolitik senden – voraussichtlich in Form einer Abnahme der Anleihenkäufe im Jahr 2022 statt einer Zinserhöhung. Die Rally kann nicht ewig weitergehen, dürfte ihren Schwung aber noch eine Weile beibehalten.

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