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Aktualisiert am 01.04.2022 - 11:21 Uhrin MeinungenLesedauer: 7 Minuten

Risiko-Roundtable „Der Multi-Asset-Gedanke hat sich in verschiedene Dimensionen erweitert“

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Auch Absolute-Return-Ansätze stellen in Aussicht, unabhängig vom Markt Erträge erwirtschaften zu können. Das weckt eine Menge Hoffnungen. Sind die berechtigt?

Lück: Dass sich das Augenmerk zurzeit stärker auf Absolute Returns als auf relative Performance richtet, hat viel mit dem Niedrigzinsumfeld zu tun. Wenn man für eine sichere Anlage einen bestimmten positiven Zins erwirtschaften kann, ist es selbstverständlich, dass sich jede andere Anlage dagegen benchmarken muss. Wenn ich aber davon ausgehe, dass das eigentliche Risiko für den Anleger nicht mehr darin besteht, weniger zu bekommen als die Benchmark, sondern darin, alles verlieren zu können, rückt plötzlich der Absolute Return in den Fokus. Das ist eine relativ natürliche Entwicklung.

Schmidt-von Rhein: Wobei unter Absolute Return oder auch Total Return jeder etwas anderes versteht. Wir haben bereits 2011 beim BVI einen Vorschlag gemacht, wie man die Begrifflichkeiten schärfen kann. In beiden Fällen geht es darum, positive Renditen zu erzielen. Bei Absolute-Return-Strategien will ich auf eine bestimmte regelmäßige Zeitperiode positive Renditen erzielen, indem ich Investmentstrategien verfolge, die kein strategisches Beta enthalten: etwa Long-short- oder marktneutrale Strategien. Benchmarks können hier also nicht über Marktindizes definiert werden. Total Return arbeitet mit dynamischen Betas: also in der Regel Wertsicherungsstrategien mit Risikobudgets.

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Reitz: Die Situation wird auch dadurch geprägt, dass wir in der Euro-Zone gegenwärtig keine Inflation haben. Früher waren viele Anleger froh, wenn sie auf dem Sparbuch 2,5 Prozent oder mit einer Bundes-obligation 3,5 Prozent Verzinsung bekamen, aber vielleicht lag in dieser Phase die Inflationsrate auch bei 4 Prozent. Der Privatanleger hat im Wesentlichen die nominale Rendite vor Augen und sieht, dass er keine Zinsen mehr bekommt. Vergessen wird häufig, dass wir momentan gemessen am Warenkorb eben auch keine Geldentwertung haben. Das sieht man privat wahrscheinlich anders, wenn man ins Restaurant geht oder zum Friseur, aber insgesamt sind die Preise aktuell stabil.

Tavernaro: Die Finanzkompetenz ist meines Erachtens in den zurückliegenden Jahren nicht nennenswert gestiegen. Auch nicht durch das Internet, durch Informationsblätter oder Ähnliches. Viele Anleger haben einfach keine Lust, das alles durchzulesen, oder die Informationen werden relativ flüchtig mit beigepackt. So zweifle ich schon daran, ob ein großer Bildungsrun bei Finanzprodukten entsteht. Um Glaubwürdigkeit herzustellen, ist es im Gegenzug wichtig, dass die Branche in ihren Definitionen klar ist. Das darf nicht vom Marketing allein bestimmt werden.

Boydak: Gerade im Publikumsbereich zeigt sich hier aber Bedenkliches. Das Multi-Asset-Thema hatten wir schon, aktuell schießt von allen Seiten das Thema Absolute Return aus den vertriebsgetriebenen Gesellschaften hoch. Hintergrund ist, dass die Ergebnisse der großen Mischfonds zuletzt eher schwächer ausfielen und die zukünftige Gemengelage auch nicht viel rosiger aussieht. Also hat jede große Bank jetzt einen Absolute-Return-Fonds im Angebot – Hauptsache volatilitätsarm.

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