HSBC-Umfrage Schwellenländer-Investoren fürchten straffere Geldpolitik in den USA
45 Prozent der Schwellenländer-Anleger halten mehr als 5 Prozent ihres Portfolios in Barmitteln, 59 Prozent von ihnen erwarten nicht, dass sie diese in den nächsten drei Monaten einsetzen werden. Das geht aus der jüngsten HSBC-Umfrage zur Stimmung in den Emerging Markets hervor. „Die Anleger in den Schwellenländern warten auf den richtigen Zeitpunkt, um zu investieren, da die Märkte in den vergangenen zwei Monaten heftige Kursschwankungen erlebt haben“, erklärt Murat Ulgen, Global Head of EM Research bei HSBC.
Die Umfrage wurde zwischen dem 8. Juni und dem 23. Juli unter 124 Investoren von 119 Institutionen durchgeführt, die in den Emerging Markets ein verwaltetes EM-Vermögen von 506 Milliarden US-Dollar repräsentieren.
Risikobereitschaft steigt, Wachstumserwartungen sinken
Die Befragung zeigt, dass etwa die Hälfte der Anleger die Aussichten für die Schwellenländer in den kommenden drei Monaten neutral beurteilt, während sich 40 Prozent optimistisch zeigen. Im vergangenen Quartal traf das nur auf 34 Prozent zu. Die Risikobereitschaft – gemessen auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 10 die größte Risikobereitschaft ausdrückt – stieg ebenfalls leicht von 6,04 auf 6,17 an.
Was die Wachstumsaussichten für die Schwellenländer angeht, zeigten sich die Anleger für die kommenden 12 Monate dagegen weniger optimistisch und korrigierten auch ihre Inflationserwartungen nach unten. So ging der Anteil derjenigen, die in Bezug auf das Wachstum optimistisch sind, von 89 Prozent Ende vergangenen Jahres auf nun 60 Prozent zurück. Eine steigende Inflation erwarten statt 77 nur noch 59 Prozent der Investoren.
Sorge vor strafferer Geldpolitik
Dennoch rechnet eine deutliche Mehrheit der Anleger (56 Prozent) weiterhin mit höheren Leitzinsen in den Emerging Markets. Denn: „Viele haben das Gefühl, dass die Schwellenländer die Zinsen weiter anheben werden, weil sie versuchen, einer Straffung der Fed zuvorzukommen, um eine Wiederholung des ‚Taper Tantrum‘ aus dem Jahr 2013 abzuwenden“, erläutert Ulgen. Damals sorgte die Ankündigung einer Abkehr von der lockeren Geldpolitik seitens des früheren US-Zentralbankpräsidenten Ben Bernanke für massive Verwerfungen an den Schwellenländermärkten.
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Die Aussicht auf eine straffere Geldpolitik der US-Notenbank bereitet den Anlegern mehr Sorgen als jedes andere Thema. Viele Anleger konzentrieren sich deshalb auf Volkswirtschaften, in denen die Zinsen schnell erhöht werden. „Wenn man befürchtet, dass die globalen Zinsen steigen, dann sucht man nach einer höheren Risikoprämie, um gegen das Tapering abgesichert zu sein“, erklärt Ulgen.
Russland, Nigeria und Südafrika im Fokus
Aufgrund der erwarteten Zinserhöhungen in den Schwellenländern gehen 40 Prozent der Befragten davon aus, dass die Währungen der Schwellenländer gegenüber dem US-Dollar aufwerten. Im April waren es nur 22 Prozent. Am optimistischsten sind die Erwartungen für die Länder, die Zinserhöhungen vorziehen. Das sind vor allem Russland und Brasilien.
Die Umfrageergebnisse deuten auch darauf hin, dass die Anleger eine höhere Risikoprämie bei festverzinslichen Wertpapieren anstreben. Russland, Nigeria und Südafrika werden als die drei Märkte mit den günstigsten Aussichten für Anleihen in Landeswährung genannt.
Rohstofflieferanten weiter gefragt
Asien ist zwar nach wie vor das beliebteste Investitionsziel. Viele Investoren konzentrieren sich momentan allerdings auch auf Regionen, die vom Anstieg der Rohstoffpreise profitieren, darunter Lateinamerika, der Nahe Osten und Afrika.
Das Engagement im ESG-Bereich nimmt derweil weiter zu: 45 Prozent der Befragten gaben an, ihre Portfolios direkt oder indirekt auf ESG ausgerichtet zu haben (Vorjahr: 30 Prozent). Klimawandel, Ungleichheit und der Schutz von Minderheitsaktionären bleiben die drei wichtigsten ESG-Themen.