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in Nachhaltigkeit, ESG & SRILesedauer: 4 Minuten

EU-Offenlegungsverordnung So viele Fonds werden als nachhaltig eingestuft

Kunstwerk aus recycelten Motorradteile, Schrauben und Zahnrädern
Kunstwerk aus recycelten Motorradteile, Schrauben und Zahnrädern: Welche Fondsgesellschaft ist der Ferrari unter den nachhaltigen Anbietern? | Foto: IMAGO / Geisser

Am 10. März trat die EU-Verordnung zur Transparenzpflicht nachhaltiger Finanzprodukte (Sustainable Finance Disclosures Regulation, SFDR) in Kraft. Sie ist Teil der EU-Initiative für nachhaltige Finanzen, zu der unter anderem auch die EU-Nachhaltigkeits-Taxonomie gehört. Ziel ist es, die Privatwirtschaft beim anstehenden Umbau zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen ins Boot zu holen.

Die SFDR verpflichtet Fondsgesellschaften dazu, die Zielsetzung ihrer Produkte nach nachhaltigen Kriterien in den Fondsprospekten aufzuführen. Im EU-Jargon spricht man von folgenden drei Gruppen: Fonds nach Artikel 6, Artikel 8 oder Artikel 9.

Einteilung in drei Produktkategorien

Alle Fonds müssen gemäß Artikel 6 der SFDR ESG-relevante Informationen offenlegen. Das betrifft in erster Linie das Risikomanagement. Der Geltungsbereich von Artikel 6 umfasst sowohl konventionelle Fonds als auch Fonds mit Nachhaltigkeitsmandat. Also müssen alle Fonds ihre Nachhaltigkeits-Risiken offenlegen.

Anders sieht es bei Artikel 8 und 9 aus. Hier geht es um Fonds mit Nachhaltigkeitsmandat. Fonds nach Artikel 8 zielen darauf ab, in die Wertpapiere von Emittenten zu investieren, die Nachhaltigkeitsmerkmal aufweisen. Sie werden auch als „hellgrün“ bezeichnet. Fonds nach Artikel 9 zielen dagegen darauf ab, eine Nachhaltigkeitswirkung zu erzielen. Sie werden im EU-Jargon als „dunkelgrün“ bezeichnet. Das bedeutet: Je nachdem, ob ein Fonds unter Artikel 6, 8 oder 9 fällt, muss er unterschiedlich strenge Offenlegungspflichten erfüllen und damit detailliertere ESG-Informationen vorweisen:

Die Anbieter stufen ihre Produkte selbst ein und müssen die Einordnung im Verkaufsprospekt kenntlich machen. Aktuell besteht ein hohes Interesse daran, möglichst viele Produkt als nachhaltig zu klassifizieren, weil immer mehr Anleger ihr Geld ESG-konform investieren möchten. Eine Einstufung gemäß EU-Verordnung lässt sich gut vermarkten, weil sie nach außen wie eine Art Gütesiegel wirkt, was sie jedoch nicht ist: Das Regelwerk zielt, wie der Name schon sagt, auf die Offenlegung ab, nicht auf eine qualitative Aussage, wie nachhaltig ein Fonds wirklich investiert. Ob die Anbieter ihre Transparenzpflichten erfüllen, kontrollieren die Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsbehörden erst im Nachhinein.

Wie groß ist der europäische Markt für nachhaltige Fonds?

Um einen ersten Überblick zu bekommen, wie die Branche mit der neuen Verordnung umgeht, hat Morningstar anhand einer umfangreichen Stichprobe eine erste Bilanz gezogen. Basierend auf vorläufigen Daten zu 11.500 offenen Fonds und ETFs mit Sitz in Luxemburg schätzen die Datenexperten des Analysehauses, dass die als Artikel 8 und 9 klassifizierten Fonds derzeit bis zu 21 Prozent der gesamten europäischen Fonds und bis zu 25 Prozent des gesamten europäischen Fondsvermögens ausmachen.

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18 Prozent dieser Fonds wurden gemäß Artikel 8 klassifiziert, weitere 3,6 Prozent erfüllen die Kriterien von Artikel 9. Gemessen am verwalteten Vermögen stehen diese Produkte für 25 Prozent des analysierten Fondsuniversums. Der europäische Markt für Umwelt-, Sozial- und Governance- sowie Nachhaltigkeitsfonds könnte demnach auf Basis der SFDR-Definitionen derzeit ein Volumen von bis zu 2,5 Billionen Euro aufweisen.

Ein Blick auf die Produktpalette

Zudem hat Morningstar in einer Stichprobe von 30 Vermögensverwaltern unterschiedlicher Nationalität und Größe untersucht, wie diese das Regelwerk umgesetzt haben. Darunter befinden sich auch große europäische und US-amerikanischen Firmen wie Amundi, UBS, BlackRock und J.P. Morgan bis hin zu Boutiquen und auf Nachhaltigkeit fokussierten Firmen wie Candriam und Mirova.

Die Unterschiede sind immens: Während die französischen Asset Manager Amundi und BNP Paribas 529 beziehungsweise 310 Fonds unter Artikel 8 oder 9 anbieten können, kommt der Marktführer Blackrock auf lediglich 103 klassifizierte Produkte. Die Asset-Management-Sparten der Großbanken UBS und J.P. Morgan stufen Morningstar zufolge aktuell sogar nur 54 beziehungsweise zehn Fonds entsprechend ein.

Auf einer vermögensbezogenen Basis gehören nordische und niederländische Vermögensverwalter zu denjenigen mit dem höchsten Fondsvermögen nach Artikel 8 und 9. So hat Robeco 96 Prozent seines Fondsvermögens als Artikel 8 oder 9 klassifiziert, während KLP und SEB 95 beziehungsweise 82 Prozent ihres Fondsvermögens in die beiden Kategorien einsortieren. Die auf Nachhaltigkeit fokussierte Boutique Mirova hat ihre gesamte Fondspalette (25 Fonds) in der Kategorie Artikel 9 positioniert.

„Für viele der Vermögensverwalter, mit denen wir gesprochen haben, ist es wichtig, so viele Fonds wie möglich unter Artikel 8 und 9 zu haben. Sie sehen SFDR als eine Möglichkeit, ihr Engagement für nachhaltiges Investieren zu demonstrieren“, kommentiert Hortense Bioy, Global Director of Sustainability Research bei Morningstar.

Zusätzlich machen auch die Vertriebe Druck, so Bioy. „Sie fühlen sich von einigen Vertriebsgesellschaften und Fondskäufern unter Druck gesetzt, die klar formuliert haben, dass sie in Zukunft nur noch Fonds der Kategorien Artikel 8 und 9 in Betracht ziehen würden.“ Das spiegele sich in den bisher klassifizierten Fonds wider. „Wobei einige Vermögensverwalter einen konservativen Ansatz vorziehen, weil sie befürchten, dass sich im Nachhinein herausstellen könnte, dass manche Fonds später herabgestuft werden müssen“, so Bioy weiter.

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