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Aktualisiert am 03.06.2020 - 10:22 Uhrin MeinungenLesedauer: 6 Minuten

Studie zu den Dax30-Unternehmen „Wer Diversität verankert, performt besser“

Nina Roth (l.) im Interview mit Multiasset-Redakteurin Kristina Schreiber
Nina Roth (l.) im Interview mit Multiasset-Redakteurin Kristina Schreiber: „Diversität hat finanzielle Einflüsse auf das Geschäft und wirkt sich positiv auf die Unternehmensbewertung aus“ | Foto: Janina Peters

der fonds: Frau Roth, bisher lag Ihr Fokus bei Unternehmensdialogen auf Diversität im Vorstand. Warum haben Sie den Untersuchungsgegenstand Ihrer aktuellen Studie „Diversity in DAX30-Unternehmen“ jetzt verschoben?

Nina Roth: Zwar gibt es in Deutschland Auflagen, dass 30 Prozent des Aufsichtsrats mit dem unterrepräsentierten Geschlecht besetzt sein sollen – in Deutschland sind das Frauen. Dennoch klaffen bei der Diversität, selbst auf den Hierarchieebenen unter dem Aufsichtsrat, in allen DAX30-Unternehmen noch riesengroße Lücken. Derzeit gibt es nach den Kriterien, die wir im Hinblick auf Diversität für ausschlaggebend halten, wenig richtig erfolgreiche Beispiele.

Was hätten Sie sich für den DAX30 denn gewünscht?

Roth: Wir wollten in den Vorständen, aber auch in den darunter liegenden Ebenen eins bis vier, eine gewisse Balance sehen. Denn nur so werden die Unternehmen nachhaltiger. Allerdings geht Diversität weit über die Geschlechterverteilung hinaus – bis hin zu übergeordneten Unternehmensselbstverpflichtungen, etwa bei Flexibilitätsmaßnahmen. Darunter fallen Arbeitszeiten, Sabbatjahre und Elternzeiten nicht nur für Frauen. Konzerne ermöglichen ihren Mitarbeitern, nicht nur Interessen außerhalb der Arbeitszeiten zu pflegen.

Auch die Investmentszene profitiert?

Roth: Genau. Diverse Teams finden zu besseren Entscheidungen, weil sie unterschiedliche Perspektiven einbringen. Sie bedienen breitere Märkte und größere Kundengruppen. Somit hat Diversität finanzielle Einflüsse auf das Geschäft und wirkt sich positiv auf die Unternehmensbewertung aus. Dass Diversitäts- und Finanzdaten korrelieren, ist akademisch hinterlegt. Erst kürzlich veröffentlichte Untersuchungen der kalifornischen Stanford University belegen, dass transparent kommunizierte Diversitätsergebnisse Unternehmen erfolgreicher machen. Aus Investorenperspektive ist das relevant, denn: Wer Diversität in seinen Zielen verankert, performt besser.

Worauf sollten Anleger achten?

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Roth: Anleger erzielen mit Investitionen in divers aufgestellte Unternehmen mehr Rendite. Breiter aufgestellte Diversitätsansätze – zum Beispiel nicht nur Female Leader – versprechen hier sogar noch mehr Erfolg. Das Energieunternehmen Eon hat bei seinen Top-100-Führungskräften beispielsweise einen Klassenhintergrund als soziodemografisches Diversitätsmerkmal eingebracht: Dass einige der Führungskräfte etwa den ersten Akademiker ihrer Familie stellen, macht den Führungskräftemix über Alter und Geschlecht hinaus noch vielfältiger.

Welche Diversitäts-Leuchttürme haben Sie unter den DAX30-Unternehmen entdeckt?

Roth: Enorm stark sind hier DHL, Merck, Daimler und – bis auf eine Ausnahme – alle Chemieunternehmen: DHL schneidet beispielsweise bei der Datenmessung hervorragend ab. Der Postkonzern hat ein Dashboard entwickelt, das gemeinsam von Datenteams und den Diversitäts- und Inklusionsteams bespielt und quartalsweise aktualisiert wird. Darüber misst DHL, ob die gemeinsamen Ziele erreicht wurden – und ob Nachbesserungen erforderlich sind. In dieser Form und Breite haben wir einen solchen Ansatz bei noch keinem anderen Unternehmen gesehen.

Worin ist Ihr zweites Beispiel Merck so stark?

Roth: Neben der DHL ist auch Merck ein gutes Beispiel dafür, dass flexible Arbeitsarrangements den Unternehmenserfolg vorantreiben. Merck bietet zum Beispiel eine globale, bezahlte Elternzeit für männliche Mitarbeiter. Der Pharmakonzern weicht damit weit von dem tradierten Rollenklischee ab, wer sich tatsächlich um die Kinder kümmert. Damit hat Merck auch die Weichen für eine längere Verweildauer der Mitarbeiter im Unternehmen gestellt. Um ein drittes Vorbild zu nennen, hat sich Daimler hinsichtlich fairer Bezahlung im Sinne der Gender-Equality- und Diversity-Diskussion hervorgetan.

Was genau hat der Autobauer gemacht?

Roth: Daimler hat, schon bevor das Endgeldtransparenzgesetz in Deutschland in Kraft getreten ist, an einer App für seine fast 300.000 Mitarbeiter gearbeitet und mittlerweile ausgerollt. Die Mitarbeitenden können dort ihr Gehalt und ihre Erfahrungsstufe eingeben. Und sie sehen ihre Gehaltseinordnung im globalen Vergleich. Spuckt die App Unterschiede aus, können die betroffenen Mitarbeiter die Abweichung an den Manager oder die Managerin senden lassen und eine Gehaltsanpassung verlangen.

Nach dem Motto: einfach und transparent …

Roth: Absolut. Mittlerweile verzeichnet die App rund 6.000 Nutzer und Nutzerinnen. Es gab offenbar nur eine Handvoll Eskalationen. In einigen Fällen wurden Anpassungen vorgenommen. Daimler transportiert damit vorbildlich, wie ein erfolgreiches Unternehmen mit dem Gender Pay Gap umgeht.

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