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Aktualisiert am 06.07.2020 - 16:38 Uhrin Artikel aus der fondsLesedauer: 5 Minuten

Tilmann Galler, J.P. Morgan Asset Management „Eine Rezession ist unwahrscheinlich“

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Kehrtwende der US-Geldpolitik

Im Zuge der Abkühlung der US-Wirtschaft ist auch die unmittelbare Inflationsgefahr zurückgegangen. Die Frage ist, wie die Geldpolitik in dieser Situation idealerweise aussehen sollte. Auf der einen Seite gibt es Meinungen, wonach die Fed mit ihren bereits erfolgten Zinserhöhungen einem Wirtschaftsaufschwung in den USA entgegensteht. Andererseits ist die Situation der nach wie vor niedrigen Zinsen für Sparer weiterhin schwierig. Daher vertreten Marktteilnehmer auch die Ansicht, die Zinsanpassungen nach oben sollten weitergehen. Die Fed hat nach Ansicht von Galler nun einen „Schritt an die Seitenlinie“ gemacht, um sich die Wirkung ihrer Politik zunächst einmal anzuschauen. Als nächster Zinsschritt könnte nach Einschätzung von Galler sogar wieder eine Senkung in Frage kommen.

Mit Blick auf das Programm der Bilanzverkürzung, das am 1. Mai begonnen hat und bis Ende September 2019 abgeschlossen sein soll, sieht Galler ein Damoklesschwert für die Kapitalmärkte verschwinden – nämlich, dass das Liquiditätsumfeld zu restriktiv werden könnte. Auch andere Notenbanken in den Industrieländern sind inzwischen von einer Zins-Normalisierung zurückgewichen und bleiben bei einer lockeren Geldpolitik. In der Konsequenz sind Anleihenkurse zuletzt gestiegen, einhergehend mit einem Rückgang bei den Renditen.

Invertierung der Zinsstrukturkurve schürt neue Verunsicherung

Das schwächere Wachstum auf globaler Ebene hat dazu beigetragen, dass sich die Zinsstrukturkurven der 3-Monats- und 10-Jahres-Renditen in den USA inzwischen invertiert haben. Da eine Invertierung der Zinsstrukturkurve normalerweise Rückschlüsse auf das mögliche Eintreten einer Rezession zulässt, schürt dies Verunsicherung unter Anlegern. Doch nach Analyse von Galler lässt sich festhalten, dass es sich um keine vollständige Invertierung handelt. Die 2-Jahres- und die 10-Jahres-Renditen seien nach wie vor nicht invertiert, das heißt 2-jährige Renditen liegen nach wie vor niedriger als zehnjährige Renditen am Treasury-Markt. Selbst wenn diese unvollständige Invertierung als Rezessionssignal gedeutet werden würde, bestünde kein unmittelbarer Handlungsbedarf: „Die Faustregel besagt, dass es nach Invertierung der Zinsstrukturkurve meist eineinhalb bis zwei Jahre dauert, bis eine Rezession eintritt“, sagt der Stratege.

Fazit: Aktien bleiben interessant, am Rentenmarkt das Hochzinssegment bevorzugt

Die anhaltende Niedrigzinspolitik hat nach Ansicht von Galler dazu geführt, dass viele Asset-Klassen teurer geworden sind. Gegenüber Anleihen seien Aktien jedoch nach wie vor interessanter. Nichtsdestotrotz seien die Bewertungen zum Teil bereits erhöht, so dass die Ertragserwartungen inzwischen geringer ausfallen würden. Mit Blick auf die Rentenmärkte sieht Galler das Hochzinssegment im Vorteil gegenüber qualitativ hochwertigeren Investment-Grade-Anleihen. „Die Risikoaufschläge im Investment-Grade-Bereich sind weiterhin auf einem sehr durchschnittlichen Niveau, so dass das Risiko-Rendite-Profil in diesem Segment nicht sehr attraktiv ist“, stellt Galler fest. Die Ausfallquoten bei Hochzinsanleihen sind dagegen weiterhin relativ moderat mit derzeit rund 1,8 Prozent. Im Lauf des Jahres dürfte die Ausfallquote nach Meinung von Tilmann Galler sogar auf unter ein Prozent fallen.

Anleger sollten sich angesichts zunehmender Unsicherheiten an den Märkten jedoch möglichst breit diversifiziert aufstellen, so Galler. Es sei angebracht, in Zukunft stärker auf Substanzaktien- sowie ertrags- und ausschüttungsorienterte Income-Strategien zu setzen, und dafür Positionen im Wachstumsbereich und bei den Small-Caps zu reduzieren.
 

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