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Tilmann Galler über die Folgen des Brexits für die Finanzbranche „Gradmesser ist das britische Pfund“

Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management
Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management | Foto: Tobias Manuel Debus

der fonds: Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat den harten Brexit angekündigt. Ein Fiasko für die Finanzbranche? Oder ist Rettung in Sicht?

Tilmann Galler: Die europäische Finanzbranche wird sich durch den harten Brexit auf ein neues regulatorisches Umfeld einstellen müssen. Dies wird sicherlich zu der einen oder anderen Verlagerung von Geschäftseinheiten und Personal auf den Kontinent führen. Die möglichen negativen Effekte für London werden aber überbewertet. London wird auf absehbare Zeit neben New York das Finanzzentrum der Welt bleiben und entsprechend weiterhin ein Magnet für Wissen und Kapital sein. Im weltweiten Wettbewerb mit New York dürfte sich der Brexit für London jedoch als Wachstumsbremse erweisen.

Das britische Pfund hat unter dem Brexit-Votum schon ordentlich gelitten. Wie tief könnte die Währung 2017 noch sinken?

Galler: Das Pfund war noch vor 15 Monaten eine der teuersten Währungen der Welt. Die erneuten Kursverluste nach dem Referendum machen das Pfund inzwischen zu einer relativ günstigen Währung insbesondere gegenüber dem US-Dollar. Die Leistungsbilanz ist jedoch mit minus 3,6 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) immer noch sehr negativ, was in Kombination mit der anhaltenden Unsicherheit über die konkreten Folgen des Brexit den Abwertungsdruck auf das Pfund nach unserer Einschätzung auch in 2017 aufrechterhält. Das Abwärtspotenzial ist jedoch moderat.

Britische Aktien haben wegen des Pfundverfalls sehr kräftig angezogen. Bringt der Brexit auch Gewinner hervor?

Galler: Viele Unternehmen im FTSE100 sind international aufgestellt. Die Branchen Gesundheit, Haushaltswaren, Energie, Rohstoffe und Tabak erzielen sogar mehr als 88 Prozent ihrer Umsatzerlöse außerhalb Großbritanniens. Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass bei anhaltend schwachem Pfund diese Sektoren zu den relativen Gewinnern zählen, während Einzelhandel, REITs, Bauwerte und Banken eher schwierigeren Zeiten entgegensteuern.

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Welche Volkswirtschaften wird der harte Brexit Ihrer Meinung nach besonders treffen?

Galler: Neben dem Vereinigten Königreich dürften es die Volkswirtschaften mit den im Vergleich zu den Wirtschaftsleistungen intensivsten Handelsbeziehungen sein. Bei Irland, Belgien und den Niederlanden beträgt der Anteil der Exporte ins Vereinigte Königreich mehr als 7 Prozent des BIP und liegt damit deutlich höher als der EU-Durchschnitt von 3,3 Prozent oder den USA mit 0,5 Prozent des BIP.

Welche Asset-Klassen sind vom Brexit besonders betroffen?

Galler: Das Britische Pfund wird weiter der primäre Gradmesser der Entwicklung des EU-Austritts sein, dicht gefolgt von den Gilts, die nach unserer Ansicht immer mehr die inflationären Folgen dieser Entscheidung zu spüren bekommen.

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