Christin Jahns
11.02.2022

Anlageverhalten Trade-Republic-Studie: Von wegen Zocken – Generation Neobroker investiert langfristig

Traden per Smartphone – wann und wo du willst
Traden per Smartphone – wann und wo du willst: Verleiten Neobroker wie Trade Republic mit diesem Konzept wirklich zum Zocken? Das hat das Forschungsinstitut DIW Econ im Rahmen einer Studie untersucht
© Imago Images / YAY Images

Zu jung. Zu unerfahren. Opfer des Hypes. Smartphone-Spekulanten, die lieber zocken, statt langfristige Anlageentscheidungen zu treffen. So oder so ähnlich lauteten nur einige der Vorwürfe, die sich die Nutzer:innen vieler Neobroker im vergangenen Jahr anhören mussten.

Auslöser war der Run auf die Aktien der Videospiel-Einzelhandelskette Gamestop, der den Kurs des US-Unternehmens auf Achterbahnfahrt schickte – und Neobroker wie Robinhood oder das deutsche Fintech-Pendant Trade Republic in den Fokus der Öffentlichkeit rückte. Viele sahen in der von ihnen angebotenen Möglichkeit des einfachen, kostengünstigen Handels per Smartphone die Ursache für die Spekulationen.

Doch stimmt das wirklich?

Studie untersucht Anlageverhalten bei Neobroker Trade Republic

Dieser Frage ist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Econ (DIW Econ) nachgegangen. Im Auftrag von Trade Republic hat das Forschungsinstitut im Sommer 2021 rund 216.000 der mittlerweile 950.000 Nutzer des Berliner Smartphone-Brokers Trade Republic zu ihrem Anlageverhalten befragt. Außerdem bekam DIW Econ Zugriff auf die anonymisierten Kundendaten des Fintechs.

Das Ergebnis: Trade-Republic-Nutzer:innen sind tatsächlich überwiegend jung und neu an der Börse – aber keineswegs kurzfristig orientierte Zocker!

Großteil der Nutzer:innen ist jung und neu am Kapitalmarkt

Aber der Reihe nach: Laut DIW Econ sind knapp 70 Prozent aller Kund:innen von Trade Republic jünger als 35 Jahre – die Hälfe davon zwischen 18 und 26 Jahren.

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Mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent) gab an, weniger als zwei Jahre Erfahrung an der Börse zu haben. Fast die Hälfte investiert zum ersten Mal am Kapitalmarkt und legt dort rund 37 Prozent seines Privatvermögens an.

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Die Hypothese, dass das neue Börsenfieber in Deutschland auf junge, unerfahrene Anleger:innen zurückzuführen ist, bestätigt die Studie also.

Widerlegt wird hingegen das altbekannte Vorurteil, dass Investments an der Börse ohnehin nur was für Reiche seien. Denn: Die neue Generation von Anleger:innen erstreckt sich über alle Einkommensschichten. Fast 30 Prozent der Neulinge verfügen über Vermögen, die sich der unteren Hälfte der Einkommensverteilung zuordnen lassen.

Neulinge wollen langfristig investieren

Auch die Befürchtung, dass Neobroker-Kund:innen nur auf kurzfristige Gewinnmaximierung aus sind, bestätigt sich nicht. Die große Mehrheit von ihnen (72 Prozent) will langfristig investieren, um einen Beitrag zur Altersvorsorge zu leisten. 77 Prozent engagieren sich vor allem deshalb am Kapitalmarkt, weil es in Zeiten von Inflation und Niedrigzinsen keine lukrative Alternative gibt.

Nur ein Drittel der Nutzer:innen legt großen Wert auf kurzfristige Gewinne, lediglich ein Fünftel gab im Rahmen der Studie an, in erster Linie den Nervenkitzel beim Investieren zu genießen. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) lehnte diese Aussage ab.

Der infolge des Gamestop-Hypes erwartete Risikohunger lässt sich laut Studie nicht belegen. Lediglich 10,7 Prozent der unerfahrenen Anleger:innen bestätigen eine erhöhte Risikotoleranz, während es bei den erfahrenen Investor:innen immerhin 19,2 Prozent sind.

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Diversifikation statt Risiko

Dass die Neulinge – allen Vorurteilen zum Trotz – weniger riskant handeln als viele der erfahrenen Anleger:innen, zeigt sich auch anhand der Investments. Im Vergleich zu den alten Hasen investieren sie mehr in breit gestreute börsengehandelte Indexfonds (engl. Exchange Traded Funds, ETFs) und weniger in Einzeltitel. Auch bei riskanten Derivaten ist ihr Anteil (1,2 Prozent) deutlich niedriger.

„Mit dieser Studie wollen wir auch einen Beitrag zur öffentlichen Debatte leisten, in der immer wieder gemutmaßt wird, dass vor allem junge Menschen ihr Geld blind und riskant anlegen, mit einem hohen Risiko es zu verlieren. Die mit der Studie erhobenen Daten widerlegen diese These klar“, sagt Christian Hecker, Mitgründer und CEO von Trade Republic. „Die Analyse zeigt, wie drängend das Problem der Rentenlücke für viele junge Menschen ist und dass diese Menschen eigenständig, gut informiert und vor allem langfristig sparen.“

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Insgesamt investieren die Trade-Republic-Nutzer:innen nahezu 60 Prozent ihres Portfolios in Aktien, 26 Prozent in ETFs und nur 2 Prozent in riskantere Derivate. Der Rest ist Cash.

Mehr Männer als Frauen

Mit einem Vorurteil kann die Studie allerdings nicht aufräumen: Was die Geschlechterverteilung angeht, dominieren Männer bei Trade Republic ganz deutlich (84 Prozent). Begründet wird dies damit, dass Frauen generell seltener am Aktienmarkt unterwegs sind. Laut dem Deutschen Aktieninstitut liegt der Anteil der Frauen hier deutschlandweit aber bei 36 Prozent und damit immerhin fast noch doppelt so hoch wie bei Trade Republic.

Hoffnung macht ein Blick auf die Erstanleger:innen. Von ihnen sind auch bei Trade Republic immerhin 20 Prozent weiblich, während es bei den erfahrenen Investor:innen gerade einmal 11 Prozent sind. Junge Frauen scheinen also stärker bereit, ihre Vorsorge selbst in die Hand zu nehmen und scheuen den Sprung an die Börse weniger.

Rendite variiert nach Anlagezeitraum

Und was ist mit der Rendite?

Generell lässt sich sagen, dass die durchschnittliche Rendite mit der Länge des Anlagezeitraums steigt. Der Median der jährlichen Rendite für alle Kund:innen liegt bei 7,1 Prozent. Nutzer:innen, die seit mindestens zwölf Monaten investieren, können sich im Median über 11,1 Prozent jährlich freuen.

63 Prozent aller Teilnehmer:innen erzielten eine positive Rendite. Unter denen, die seit mindestens zwölf Monaten investieren, steigt dieser Anteil auf 83 Prozent.

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