LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in AktienLesedauer: 3 Minuten

Riskante Wette Treiben Kleinanleger Hedgefonds in den Ruin?

Gamestop-Filiale in New York (2019)
Gamestop-Filiale in New York (2019): Privatanleger bringen Hedgefonds in die Bredouille | Foto: IMAGO / Levine-Roberts

Der Aktienkurs von Gamestop lag am 29. Januar bei knapp 300 Euro – ein Plus von sage und schreibe 1.900 Prozent seit Jahresbeginn. Was war passiert? Hedgefonds und Leerverkäufer hatten eigentlich darauf gewettet, dass der Kurs der Aktie fällt. Doch dabei hatten sie die Rechnung ohne die Macht der Masse gemacht: In Scharen organisierten sich Anleger im Forum Wallstreetbets auf der Plattform Reddit, um genau dieses Papier zu kaufen und damit den Preis der Aktien in die Höhe schnellen zu lassen.

Damit bringen sie milliardenschwere Hedgefonds kräftig in Schieflage: Melvin Capital musste sich bereits eine Liquiditätsspritze in Höhe von 2,75 Milliarden US-Dollar organisieren, nachdem das Unternehmen seit Jahresbeginn rund ein Drittel seines Kapitals verloren hatte.

Gamestop ist nicht der einzige Titel, der derzeit gepusht wird – auch Aktien von Blackberry, Nikola und Nokia stehen im Visier von Hedgefonds. Aufgrund vermehrter Käufe und extrem hoher Volatilität dieser normalerweise weniger liquiden Aktien haben sich Neobroker wie Trade Republic und Robinhood dazu entschlossen, Kauf-Orders dieser Anlagen vorerst nicht mehr anzunehmen – ein Schritt, der für einen Aufschrei unter den Kunden sorgte und sogar die US-Politik auf den Plan ruft. Trade Republic ruderte daraufhin wieder zurück. Der Broker entschuldigte sich in einer E-Mail an seine Kunden „ausdrücklich für die vorübergehende Einschränkung Deiner Freiheit im Handel“ und hob die Handelssperre auf.

Der Kampf mit den Kleinanlegern könnte einige Hedgefonds in ihrer Existenz gefährden. Denn: Die Wette auf fallende Kurse ging nicht auf – ganz im Gegenteil. Aber wie macht man überhaupt mit sinkenden Kursen Geld? Was passiert, wenn der Plan nicht aufgeht? Und was sind Hedgefonds eigentlich genau?

Wir erklären Begriffe, die in der Debatte immer wieder auftauchen.

Was ist ein Hedgefonds?

Hedgefonds sind mit einem negativen Image behaftet – spätestens seit sie 2005 der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering mit Heuschrecken verglich. Sie gelten als intransparent, sehr risikoreich und spekulativ.

Eigentlich sind Hedgefonds nichts anderes als eine alternative Geldanlage. Alternativ deshalb, weil sie nicht wie Anleihen, Aktien, ETFs an der Börse notiert sind, sondern lediglich einem bestimmten Personenkreis zugängig sind. Das Mindestanlagevolumen beträgt häufig mehrere hunderttausend US-Dollar. Aufgrund dessen werden Hedgefonds auch als Investmentfonds der Superlative bezeichnet. Außerdem sind sie anders als Investmentfonds nicht an Anlagerichtlinien gebunden – und können im Prinzip jedes mögliche Investment tätigen.

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Die Funktionsweise orientiert sich an den klassischen Fonds. Der Fondsmanager sammelt Geld von Anlegern und investiert das Kapital. Ziel ist wie bei jedem Anlageprodukt eine hohe Rendite. Hier endet die Gemeinsamkeit beider: Hedgefonds sind im Gegensatz zu ihren Pendants kaum reguliert. Zu ihrem Instrumentarium gehört auch, auf fallende Kurse zu setzen, in der Fachsprache „short gehen“. Das geschieht über Leerverkäufe.

Was sind Leerverkäufe?

Mit Leerverkäufen wetten Hedgefonds auf sinkende Kurse. Vereinfacht gesagt geht das so: Sie leihen sich die Aktien und verkaufen die Papiere zum aktuellen Kurs direkt weiter. Irgendwann müssen sie die geliehenen Papiere natürlich zurückgeben – und dafür die Aktien am Markt erwerben. Ist der Kurs in der Zwischenzeit gesunken, ist die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem späteren Kaufpreis der Gewinn. So profitieren sie von Kursverlusten.

Steigt der Kurs jedoch, müssen sie die Aktien natürlich ebenfalls zurückgeben – und sie dafür deutlich teurer einkaufen. Das ist aktuell der Fall. Sie haben sich Gamestop-Aktien geliehen und verkauft, weil sie von sinkenden Kursen ausgingen. Nun ist der Kurs jedoch massiv gestiegen und sie müssen deutlich mehr für die Aktien bezahlen – am Ende stehen hohe Verluste zu Buche. Die Situation nennt sich Short-Squeeze.  

Was ist ein Short-Squeeze?

Leerverkäufer müssen ihre geliehenen Aktien in einem bestimmten Zeitraum zurückzugeben. Die offenen Positionen müssen glattgestellt werden. Müssen oder wollen nun viele „Short-Seller“ ihre geliehenen Aktien kaufen, kann es zu einem Nachfrageüberhang kommen, was die Kursdynamik weiter anheizt. Leerverkäufer werden quasi wie eine Zitrone ausgequetscht. Einen solchen Short-Squeeze gab es auch 2008 bei der VW-Aktie: Leerverkäufer hatten sich mehr Aktien geliehen, als noch Papiere frei handelbar waren. Der Kurs stieg in nur zwei Tagen von 200 Euro auf 1.000 Euro.

Ob der Kurs von Gamestop ebenfalls solche Höchstmarken knacken wird, steht aktuell noch in den Sternen. Ebenso offen ist die Frage, wer in dem Kampf zwischen privaten Anlegern und Hedgefonds am Ende als Verlierer dastehen wird. Klar aber ist: Gruppen von Kleinanlegern haben ihre große Macht eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen