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Vanguard-Experte Thomas Merz im Interview „Wir laufen nicht jedem Hype hinterher“

Thomas Merz: „Es gibt wohl tatsächlich einen 'Vanguard-Effekt'“
Thomas Merz: „Es gibt wohl tatsächlich einen 'Vanguard-Effekt'“ | Foto: Vanguard

Multiasset: Herr Merz, Vanguard hat gerade ein Büro in Frankfurt eröffnet. Warum so spät?

Thomas Merz: Wir schießen nicht aus der Hüfte, sondern analysieren die Situation ganz genau und warten den geeigneten Zeitpunkt ab. Der ist jetzt gekommen. Es wird einen Umbruch beim Vertrieb und der Beratung von Investoren geben. Vor zehn Jahren waren ETFs ein reines Spezialistenthema, das ändert sich zunehmend. Seither hat die Breitenwirkung zugenommen. Dabei spielt die Regulierung eine große Rolle, Stichwort Mifid II. Aber auch Robo-Adviser sind in Deutschland schon sehr aktiv. All diese Entwicklungen führen dazu, dass Kunden offener bedient werden müssen. Bisher haben die Banken hierzulande den Vertrieb von Anlageprodukten kontrolliert. Das wird sich ändern.

Multiasset: Die Deutschen sind überwiegend nicht Aktien-affin. Muss sich hierzulande nicht grundsätzlich die Einstellung zum Vermögensaufbau ändern?

Merz: Das ist eine kulturelle Frage. Die Deutschen sind eher ein Sparervolk als ein Anlegervolk. Das Bewusstsein war lange, der Staat sorgt schon für mich. Daher interessieren sich viele Leute nicht für Finanzen. Das Thema ist schwer zu vermitteln und es gab lange Zeit auch keine Notwendigkeit, sich um die Altersvorsorge zu kümmern. Das ist in den USA schon immer anders. Die Beratung der Anleger übernehmen überwiegend Honorarberater. Und es gibt eine andere Art der Altersvorsorge. Arbeitgeber sourcen ihre Pensionskassen an Finanzdienstleister aus, zum Beispiel an Vanguard.

Multiasset: Kann Vanguard dazu beitragen, die Einstellung der deutschen Anleger zu Investments, auch zu ETFs, ändern?

Merz: Ja, durchaus. Wir haben ein fundamentales Research, das allen unseren Kunden zugutekommt. Wir produzieren wissenswerte Informationen und pflegen „plain talk“, auch auf

unseren Veranstaltungen. Dort informieren wir vor allem Berater, die dann ihr Wissen an ihre Kunden weitergeben können. Es ist ein zweistufiger Prozess. Und unsere Produkte sind relativ leicht zu verstehen.

Multiasset: Werden dadurch Berater nicht irgendwann komplett überflüssig?

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Merz: Das glaube ich nicht. Ihre Rolle verändert sich. Sie sind als Coaches nötig, um die Konstruktion der individuellen Portfolios zu begleiten. Die konkrete Produktauswahl können dann Robo-Adviser übernehmen.

Multiasset: Vanguard verwaltet heute schon mehr als 4 Billionen Euro in Indexfonds und in aktiven Fonds. Trotzdem ist ihr Produktangebot im Vergleich zu anderen Anbietern relativ überschaubar. Ist das Teil ihrer Strategie?

Merz: Der wichtigste Aspekt unserer Strategie ist, dass wir unsere Kunden fair behandeln. Wir sind breit diversifiziert, kosteneffizient und garantieren einen klaren Rendite-Risiko-Vorteil. Unser Ziel ist es, Produkte anzubieten, die gute Chancen auf Erfolg bieten. Wir rennen nicht jedem Hype hinterher, machen keine gehebelten Produkte und auch keine Nischen-Produkte für enge Themen.

Zudem haben wir nicht das Ziel, unbedingt neues Vermögen einzusammeln. Wir haben ja auch gemanagte Strukturen, auch bei diesen achten wir auf geringe Kosten. Wenn ein Fonds kein Kapital mehr verträgt, wird er geschlossen. Und wir pushen auch keine Produkte. Wir gehen anders vor: Wir bieten gute Produkte an, erwerben damit das Vertrauen und gewinnen neue Kunden. Dank der daraus resultierenden betriebswirtschaftlichen Skaleneffekte können wir die Kosten weiter senken und gewinnen weitere Anleger. Unsere Produkte haben im gewichteten Durchschnitt Kosten von etwa zehn Basispunkten, Fonds von unseren Wettbewerbern kosten meist deutlich mehr.

Multiasset: Vanguard ist einer der günstigsten Anbieter von ETFs. Wieso können Sie die Kosten für Ihre Kunden immer weiter senken?

Merz: Unsere Kunden in den USA sind über die gesellschaftsrechtliche Konstruktion von Vanguard auch unsere Anteilseigner. In Europa ist die Konstruktion etwas anders als in den USA, aber das Grundprinzip ist ähnlich. Das bedeutet, wir sind ausschließlich unseren Kunden verpflichtet und müssen keinem Shareholder eine Rendite zahlen. Stattdessen können wir die dank der Größenvorteile eingesparten Kosten eins zu eins an unsere Kunden weitergeben und die Kosten weiter reduzieren.

Multiasset: Wie wirkt sich diese Strategie auf den Wettbewerb aus?

Merz: Wir haben festgestellt, dass in den Märkten, wo Vanguard agiert, das Niveau der Kosten sinkt. Es gibt wohl tatsächlich einen „Vanguard-Effekt“. Und davon profitieren ja letztlich alle Kunden, auch jene, die nicht bei uns investiert sind.

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