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Von Schwellenland bis Tabakindustrie: Wie Candriam-Managerin Isabelle Cabie nachhaltige Investments aufspürt (Teil 1) „Wir stehen vor einem globalen Wendepunkt“

Isabelle Cabie, Global Head of Sustainable and Responsible Investments bei Candriam
Isabelle Cabie, Global Head of Sustainable and Responsible Investments bei Candriam

der fonds: Sozial verantwortliche Geldanlagen (SRI1) werden unter Investoren immer beliebter. Dennoch herrscht weiterhin ebenso große Uneinigkeit, wenn es um die genauen Kriterien geht. Welche Faktoren bestimmen die Investitionen bei Candriam?

Isabelle Cabie: Wir haben im Jahr 2008 einen eigenen Bewertungsprozess entwickelt. Dabei kombinieren wir Ausschlusskriterien mit einem positiven Best-In-Class-Screening. Bei den Ausschlusskriterien wird eine normative Überprüfung vorgenommen, bei der wir Unternehmen ausschließen, die sich nicht an internationalen Standards orientieren. Außerdem überprüfen wir Kandidaten auf kontroverse Aktivitäten. Das Best-In-Class-Screening richtet sich nach zwei Bewertungen: Auf Mikro-Ebene untersuchen wir das Verhalten des Unternehmens im Hinblick auf sein Verhalten hinsichtlich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG2). In einem weiteren Schritt erfolgt eine Makroanalyse. Dabei überprüfen wir das Geschäftsmodell und den Umgang des Unternehmens mit sogenannten globalen Nachhaltigkeitstrends wie Klimawandel, Ressourcen-Verknappung oder Gesundheitsgefahren.

Wie schlägt sich dieser Prüfmechanismus in der Bewertung von Unternehmen nieder?

Cabie: Aus der Vielzahl von Screenings erhalten wir zwei verschiedene Punktzahlen, die gleich gewichtet werden und die Schlussbewertung ergeben. In jedem Sektor – wir verfolgen einen sektorspezifischen Ansatz – ziehen wir nur die besten fünfzig Prozent der Unternehmen für Investitionen in Betracht. Nachdem wir die in Frage kommenden Unternehmen dann noch nach Ausschlusskriterien gefiltert haben, bleiben ungefähr 45 Prozent der Titel, in die wir investieren können.

Welche Rating-Agenturen ziehen Sie zu Rate?

Cabie: Wir bedienen uns verschiedener Anbieter – so erhalten wir standardisierte Informationen. Wir nutzen die Dienste von Vigeo, von MSCI ESG, ISS Analytics, sowie von Trucost für umweltbezogene Daten. Die Idee dahinter besteht darin, erst einmal Daten zu sammeln. Dabei ist es wichtig, mehrere Rating-Agenturen zu verwenden, denn jede davon hat eine eigene Expertise und ein eigenes Spezialgebiet. So ist beispielsweise Vigeo europabezogen und hat einen Fokus auf sozialen Belangen. MSCI hat dagegen einen größeren Schwerpunkt auf Umweltfragen. Verschiedene Ratings zu verbinden gibt uns einen globalen und relativ ausgewogenen Überblick. Schließlich ist unser Konzept ja auch ausgewogen, was die ESG-Aspekte angeht.

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Werden bestimmte Titel ausgeschlossen, entgehen aber auch schnell Erträge. Schließlich ist Nachhaltigkeit nur eins von mehreren Kriterien. Entscheidend sind doch die Gewinne, oder?

Cabie: Als Asset Manager besteht unser Ziel selbstverständlich darin, für unsere Kunden eine gute Performance zu erzielen und die Portfolios bestmöglich zu verwalten. Allerdings möchten wir finanzielle Performance mit ESG-Performance verknüpfen und diese mit der Qualität verbinden, die wir bei unserer Titelauswahl garantieren. Durch den Best-In-Class-Ansatz können wir Unternehmen in jedem Sektor auswählen und schaffen so ein breit diversifiziertes Anlageuniversum. So können unsere Portfoliomanager die Risiken breit streuen, eine Verzerrung aufgrund des Ausschlusses bestimmter Unternehmen vermeiden und die Portfolios anpassen, wenn die Marktbedingungen sich verändern. Darin besteht der Vorteil des Best-In-Class-Konzepts. Wir wissen natürlich, dass es durch die Filterung von Titeln eine gewisse Verzerrung gibt. Aber dieser Faktor ist in der Anlagestrategie schon einkalkuliert.

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1 „Socially Responsible Investment“ oder gesellschaftlich verantwortliche Kapitalanlagen. SRI ist ein Oberbegriff für unterschiedliche Anlagekonzepte. Er schließt sowohl strenge nachhaltige Geldanlagen ein als auch verantwortliche Investments, bei denen einzelne umstrittene Branchen ausgeschlossen werden. 

2 „Environmental Social Governance“, auf Deutsch Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Der Begriff drückt aus, ob und wie Unternehmen diese Kriterien bei Entscheidungen, in der unternehmerischen Praxis und bei Bewertungen berücksichtigen.

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