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Von Schwellenland bis Tabakindustrie: Wie Candriam-Managerin Isabelle Cabie nachhaltige Investments aufspürt (Teil 1) „Wir stehen vor einem globalen Wendepunkt“

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Der Best-In-Class-Ansatz bedeutet auch, dass man die Besten unter den Schlechten heraussucht. Gibt es Branchen, die Candriam bei der Anlage-Selektion komplett ausschließt?

Cabie: Waffen und Rüstungsgüter ist der einzige Sektor, den wir komplett ausschließen.

Wie verfahren Sie mit anderen Sektoren?

Cabie: Wenn wir die Auswahl zwischen dem Lebensmittel-, dem Getränke- und dem Tabaksektor haben, schließen wir Unternehmen aus, die mit dem Tabaksektor zu tun haben, weil der dem Trend zur Nachhaltigkeit im Gesundheitsbereich schadet. Diese Unternehmen erhalten dann eine niedrige Punktzahl in unserer Makroanalyse, selbst wenn sie in anderen Bereichen eine gute Performance aufweisen, denn die Bewertung bei der Makroanalyse macht fünfzig Prozent der Gesamtbewertung aus.

Was ist mit Unternehmen, die nur Anteile oder Nebengeschäfte in bestimmten Bereichen haben – beispielsweise in der Tabakindustrie?

Cabie: Bei Unternehmen, in denen Branchen wie die Tabakindustrie keine zentrale Rolle spielen, erfolgt eine weitere Überprüfung. Das betrifft zum Beispiel Händler, die nur bestimmte Branchen oder Aktivitäten in der Tabakindustrie haben. An diesem Punkt spüren wir sie auf und schließen sie aus, wenn sie mehr als fünf Prozent Exposure aufweisen. Selbst dann, wenn sie ursprünglich aufgrund des Best-In-Class-Ansatzes in der engeren Auswahl waren.

Die Nachweisbarkeit ist hier sicher ein großes Problem. Unternehmen haben beispielsweise Anteile an anderen Unternehmen, die zu verfolgen fast unmöglich ist. Und auch Produktionsketten sind heute sehr komplex. Selbst Produzenten, die es sich bewusst zum Ziel setzen, Nachhaltigkeit in jedem Schritt der Produktion zu gewährleisten, können nicht garantieren, dass alle Bestandteile ihrer Produkte nach ESG-Kriterien produziert wurden.

Cabie: Es sind die besten Bemühungen, aber man weiß nie genau, ob nicht an irgendeiner Stelle die Kriterien nicht doch missachtet werden. Aus diesem Grund akzeptieren wir – von der Rüstungsindustrie einmal abgesehen – drei bis fünf Prozent Exposure gegenüber kontroversen Aktivitäten. Weil wir wissen, dass man diese Aktivitäten manchmal nicht ermitteln kann. Bei den Nulltoleranzkriterien ergreifen wir alle Vorsichtsmaßnahmen, um den Anforderungen nachzukommen, und schließen deswegen mehr Unternehmen aus, als wir es normalerweise tun würden. Doch wir haben in der Tat Kunden, die von uns in bestimmten Bereichen eine Exposure von Null verlangen.

Also ist es eine Frage der eigenen Überzeugung?

Cabie: Ja, jedoch ist es in der Praxis gar nicht so einfach.

Welche Entwicklungen erwarten sie in Bezug auf nachhaltiges Investieren?

Cabie: Der Markt wächst. Er expandiert in allen Asset-Klassen und Strategien – das belegt beispielsweise die Eurosif-Studie. Deshalb glaube ich, dass wir vor einem Wendepunkt stehen. Und ich bin sicher, dass die Weltklima-Konferenz in Paris (COP 21) dazu beigetragen hat, bei Menschen das Bewusstsein zu wecken, dass ESG-Aspekte eine hohe Bedeutung haben. Und diese Menschen suchen nach Möglichkeiten, nicht nur zu dekarbonisieren, sondern auch nachhaltig und sozial verantwortlich zu investieren. Kurzum: Der Markt für ESG-Investments entwickelt eine sehr gute Dynamik.

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