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Aktienmarkt und Spieltheorie Zockerspiele sind nichts für Börseneinsteiger

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder bei einer Werksbesichtigung von Varta
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder bei einer Werksbesichtigung von Varta: Auch die Aktie des deutschen Batteriekonzerns wurde zum Spielobjekt von Anlegern | Foto: IMAGO / Bayerische Staatskanzlei

Die Aufregung ist noch nicht vorbei: Aktuell elektrisiert die Gamestop-Aktie die Anleger schon wieder mit hohen Ausschlägen. Inzwischen beginnen aber auch die „Aufräumarbeiten“. Was sind die Lehren aus dem Zockerspiel um den US-Computerspielehändler? Kürzlich gab es eine Anhörung vor dem Finanzausschuss des US-Repräsentantenhauses, und auch die deutsche Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin prüft die Vorgänge hinsichtlich möglicher Absprachen zur Marktmanipulation.

Doch in viele Depots haben die Verluste von Gamestop und Co Löcher gebrannt. Viele unerfahrene Kleinanleger sind zu spät eingestiegen und haben sich auf ein Spiel eingelassen, das dem Roulette gleicht. Die Gefahr, dass es für weitere Investoren ein böses Erwachen gibt, sei sehr real, sagt Lutz Neumann, Leiter Vermögensverwaltung der Hamburger Sutor Bank.

Nullsummenspiele: What goes up, must come down

Das Kennzeichen eines Nullsummenspiels ist gemäß der Spieltheorie, dass die Summe der Gewinne und Verluste aller Spieler zusammengenommen Null ist – was der eine gewinnt, verliert der andere. Auf den Aktienmarkt übertragen heißt das: Die Fahrt geht nach oben und in gleichem Maße wieder nach unten. Auf dieser Strecke gibt es Gewinner, die vor dem Absturz aussteigen, und Verlierer, die den rechtzeitigen Ausstieg verpasst haben – und nun, nach dem tiefen Fall darauf hoffen, dass die Kurse wieder hochgehen.

„Per se funktionieren Aktienmärkte nicht wie ein Nullsummenspiel. Denn dort, wo die Wirtschaft wächst, gibt es ein Fundament für im langfristigen Durchschnitt steigende Aktienkurse. Die aktuellen Vorgänge zeigen, wie schnell Unternehmen zum Gegenstand eines kruden Nullsummenspiels werden können, obwohl sie selbst nur Zuschauer sind“, erklärt Neumann. Ein pseudo-moralischer Anstrich, nämlich Hedgefonds unter Druck zu setzen, ändere nichts daran, dass es sich um ein sehr gefährliches Spiel handelt.

Das Wesen eines Nullsummenspiels lässt sich bei Gamestop und anderen Werten klar erkennen: Lag der Gamestop-Kurs bis zum 12. Januar bei rund 16 Euro, verdoppelte er sich bis zum 21. Januar auf 33 Euro, um am 28. Januar bei 420 Euro den Peak zu erreichen. Danach ging es wieder rasant bergab. Der Kurs stürzte auf unter 30 Euro. Jünst sorgte die Meldung über den überraschenden Abgang des Gamestop-Finanzchefs erneut für hohe Volatilität.

Ein anderes Beispiel ist der deutsche Batteriekonzern Varta: Auch dessen Aktie wurde zum Spielobjekt. Bis Mitte Januar pendelte der Kurs um 120 Euro und stieg dann bis zum 28. Januar auf knapp über 180 Euro an – ein Plus von 50 Prozent innerhalb weniger Tage. Doch mittlerweile ist auch dieser Kurs wieder auf um die 120 Euro gefallen. „Das Prinzip ist stets gleich: What goes up, must come down“, kommentiert Neumann.

Schutzmechanismus versagt bei emotionalen Triggern

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Anleger, die das Spiel gegen die Hedgefonds eröffnet haben, sind laut Neumann keinen Deut besser als diejenigen, denen sie damit schaden wollten. Beide Seiten agieren hochspekulativ und setzen alles – ähnlich wie mit rot oder schwarz beim Roulette – auf eine von zwei Möglichkeiten: Hopp oder topp.

„Das Perfide daran ist, dass das Spiel sich nur umsetzen lässt, wenn weitere Mitspieler an den Tisch gezogen werden. Denn nur dann kann es zu einer signifikanten Kursbewegung nach oben kommen“, betont der Experte.

„Leider versagt bei emotionalen Triggern oft der natürliche, rationale Schutzmechanismus. Wenn exorbitante Gewinne in Aussicht gestellt werden, sollten bei jedem Anleger die Alarmglocken schrillen“, warnt Neumann und mahnt: „Man kann nur eindringlich darauf hinweisen, sich an solchen Spielen nicht zu beteiligen.“

Next stop Tesla?

Allerdings sei nicht jedes Zockerspiel einfach zu durchschauen. Als Investor heißt es ganz genau hinzusehen, auf welche Werte man setzt. Gibt es ein stabiles Fundament für einen Kursanstieg? Bei einem Wert wie Tesla etwa deute einiges auf ein ähnliches Phänomen wie Gamestop hin.

„Der Aktienkurs von Tesla hat innerhalb eines Jahres um knapp 270 Prozent zugelegt. Mit Autoverkäufen macht Tesla bislang Verlust – Gewinnbringer 2020 war hingegen der Handel mit Abgaszertifikaten. Im Unterschied zu Gamestop ist es jedoch nicht zuletzt Firmengründer Elon Musk selbst, der mit seinen Äußerungen zum Gewinnspiel einlädt“, beobachtet Neumann.

Ein guter Schutz gegen hanebüchene Börsenspiele ist vor allem eines: Investments in Einzelwerte sollten entweder ganz vermieden oder nur sehr wohldosiert beigemischt werden. „Für wenig markterfahrene Anleger ist eine weltweit breit streuende Fondslösung immer die bessere Wahl gegenüber einem oder wenigen Einzelinvestments. Wer das berücksichtigt läuft kaum Gefahr, seine finanzielle Zukunft emotionsgetrieben aufs Spiel zu setzen.“

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