LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in InterviewsLesedauer: 6 Minuten

Warum Isabelle Cabie mit schlechten Unternehmen reden möchte (Teil 2) „Durch Best-in-Class fördern wir Best Practice”

Seite 2 / 2

Was motiviert die Unternehmen, mit diesen Fragen auf Sie zuzugehen?

Cabie: Zum einen wollen die Unternehmen unter Anlegern Beachtung finden. Es ist außerdem möglich, dass sie sich aus Eigeninitiative verbessern möchten, aber nicht wissen, welche Bereiche wir als am bedeutendsten erachten. Meist fragen die Unternehmen aber nach ihrer Position im Vergleich zu ihren Peers und warum wir ihre Mitbewerber in einen unserer Fonds aufgenommen haben und sie selber nicht – welche Best Practice der Konkurrent hat, die ihnen fehlt.

Inwiefern profitieren Sie von der Kommunikation mit den Unternehmen?

Cabie: Bei einem solchen Dialog handelt es sich um eine Win-Win-Situation. Das Unternehmen erfährt, was es verbessern kann und wir bauen eine Beziehung zu ihm auf und lernen es besser kennen. Natürlich geht es uns dabei nicht um vertrauliche Informationen. Aber Transparenz und Kommunikation sind wichtig. Ähnlich ist es, wenn wir auf Generalversammlungen abstimmen: Es gibt Resolutionen, die wir ablehnen, und müssen dann manchmal erklären, wieso wir das getan haben. Das ist ein Mittel, das Verhalten eines Unternehmens zu verbessern.

Candriam ist ein Vorreiter bei nachhaltigen und sozial verantwortlichen Investments. ESG-Kriterien werden seit seiner Gründung vor 20 Jahren bei seinen Investments berücksichtigt. Was war der Beweggrund für diese Ausrichtung?

Cabie: Ethische Überzeugungen spielen hierbei sicherlich eine Rolle – wir waren damals eine katholisch ausgerichtete Bank. Allerdings ging es uns nicht nur um katholische Grundsätze, sondern globale Werte. Der Grundgedanke bestand jedoch darin, dass man durch die Berücksichtigung von ESG-Kriterien Mehrwert schaffen kann für eine global bessere Welt. Die Überlegung damals war: Wenn wir mit sozial verantwortungsvollen Anlagen die gleiche Performance liefern können wie Fonds, die ESG-Kriterien nicht berücksichtigen, sollten wir nach ESG-Kriterien investieren. 2008 entwickelten wir dann die Makroanalyse, bei der wir uns das Geschäftsmodell der Unternehmen genauer ansahen. Denn wir waren schon tiefer in der Materie und wagten einen noch genaueren Blick.

Wie haben sich Candriams Kriterien für SRI entwickelt?

Cabie: Ursprünglich waren nachhaltige und sozialverantwortliche Investments für uns eine Nische. Doch der Ansatz breitete sich langsam auf alle Asset-Klassen aus und nahm unterschiedliche Formen an, weil wir im Laufe der Zeit unterschiedliche Filter auf Basis unserer ESG-Kriterien entwickelten. Heute halten wir uns nicht bei allen Investments strikt an unseren SRI-Ansatz – dieser erfordert, dass wir ausschließlich Unternehmen mit Best-Quality und Best Practices berücksichtigen. Allerdings sind wir so von ESG-Prinzipien überzeugt, dass wir sie auch bei Fonds anwenden, bei denen sie nicht explizit vorgeschrieben sind.

Es gibt Fondsmanager, die sagen, dass eine gute Performance nicht möglich ist, wenn man nicht in kontroverse Unternehmen investiert.

Cabie: Wenn wir uns die Performance unserer Fonds anschauen, stellen wir fest, dass die Berücksichtigung von ESG-Kriterien dazu beiträgt, einen Mehrwert zu schaffen. In unserer Auswahl besteht natürlich eine leichte Verzerrung – allerdings hin zu besserer Qualität. Kurzfristig kann es in der Tat passieren, dass die Performance nicht immer positiv ausfällt. So war es beispielsweise nach der Bankenkrise 2008. In diesem Jahr war unsere Performance hervorragend gewesen, als jedoch im Jahr 2010 alle den „schlechten“ Firmen hinterherrannten, waren wir nicht an Investments interessiert. Das erwies sich langfristig als richtig, doch das Ergebnis ließ sich nur mit Verzögerung sehen. Betrachten wir unsere langfristige Performance, gibt es keine vergleichbaren Einschnitte mehr. Das heißt, bei ESG-Fonds sollte man sich nicht nach der Quartalsperformance richten, sondern sich lieber an längeren Zeiträumen, beispielsweise drei Jahren, orientieren.

Werden also Risiken reduziert, wenn nach ESG-Prinzipien investiert wird?

Cabie: Mithilfe der Auswahl nach ESG-Kriterien schließt man potentielle Risiken aus, die nicht sofort sichtbar sind, sich aber langfristig als gefährlich erweisen können. So könnte man schlechtes Umweltverhalten identifiziert haben, aber ein Risiko erwächst aus schlechter Unternehmensführung – dann sollte man Investments in diese Firma vermeiden.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion