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Aktualisiert am 24.01.2017 - 18:15 Uhrin Anleihemärkte: Analysen & PrognosenLesedauer: 9 Minuten

Warum Nicolas Forest nicht glaubt, dass die Anleihenblase platzt „Eine neue Phase in der Geldpolitik“

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Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ist im Moment in einer sehr zwiespältigen Situation. Einerseits müssen Fed-Präsidentin Janet Yellen und ihre Kollegen vorsichtig sein, falls die Auswirkungen der Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump der Wirtschaft schaden. Andererseits gibt es auch Faktoren, die Yellen eigentlich dazu zwingen, die Leitzinsen auch weiterhin anzuheben.

Forest: Das sehe ich genauso. Janet Yellen ist momentan in die Ecke gedrängt. Yellen neigt eher zu einer vorsichtigen Geldpolitik, muss aber die Leitzinsen anheben, denn wir haben ein größeres Wirtschaftswachstum, eine höhere Inflationsrate und erwarten außerdem ein wachsendes Staatsdefizit. Aus diesem Grund sind mehrere Zinsschritte im kommenden Jahr sehr wahrscheinlich. Außerdem könnte es im Jahr 2018 einen neuen Fed-Vorsitz geben. Die Fed ist in der Tat in einer schwierigen Position, hat aber meiner Meinung nach keine andere Wahl, als die Leitzinsen anzuheben und die Geldpolitik zu normalisieren. Wir erwarten drei bis vier Zinsanhebungen im Jahr 2017.

Sind diese Änderungen der Fed-Politik von den Märkten eingepreist?

Forest: Nein, die Märkte scheinen diese Maßnahmen noch nicht zu antizipieren. Wenn wir die gegenwärtigen Markterwartungen den Aussagen der Mitglieder des Offenmarktausschusses gegenüberstellen, zeigt sich Folgendes: Über vierzig Prozent der Fed-Mitglieder erwarten mehr als drei Zinsschritte innerhalb der nächsten zwölf Monate. Auf den Märkten ist davon aber nichts bemerkbar – die auf Grundlage von Fed-Fonds-Futures implizierte Wahrscheinlichkeit von Fed-Zinsschritten ist viel geringer und es gibt noch Luft für höhere Zinsen am kurzen Ende der Kurve. Jedoch ist es schier unmöglich zu sagen, was unter der Trump-Administration passiert. Deswegen wird die Fed sehr vorsichtig vorgehen.

Kehren wir zum „Alten Kontinent“ zurück. Kaum jemand erwartet, dass die EZB ihre gegenwärtige Politik so einfach ändert. Trotzdem wird EZB-Präsident Mario Draghi das Anleihekaufprogramm irgendwann reduzieren und die Geldpolitik normalisieren müssen. Doch das könnte sich für die Wirtschaft in Europa als schädlich erweisen. Was wäre für die EZB der am wenigsten schmerzhafte Weg, mit der gegenwärtigen Situation umzugehen?

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Forest: Ausgehend von der Taylor-Regel sehen wir keinen Grund für noch mehr geldpolitische Lockerungen. Die natürliche Zinsrate liegt heute bei ungefähr einem Prozent. So gesehen sind Negativzinsen unsinnig. Das ist auch der Grund, warum ich 2017 keine großen Zinsschritte erwarte – für eine Straffung der Geldpolitik scheint es zu früh zu sein.

Anhaltende Negativzinsen scheinen aber auch keine Lösung zu sein.

Forest: Ihre beschränkte Wirkung haben wir ja schon beobachtet und auch ihre negativen Auswirkungen für Banken, Versicherer und Sparer. Und: Von einer liberalen Perspektive betrachtet sind positive Zinssätze wichtig, um die Schaffung falscher Anreize zu verhindern. Denn durch negative Zinssätze schaffen wir Anreize zu mehr Ausgaben, aber nicht für die guten Projekte.

Ein Beispiel dafür ist die Tatsache, dass Firmen sich billig Geld leihen, es aber nicht in Investitionen stecken, sondern für Übernahmen verwenden.

Forest: Genau. Sind diese Übernahme- und Fusionsaktivitäten wirklich positiv für die europäische Wirtschaft? Das glaube ich nicht. Außerdem brauchen wir höhere Zinsen, um für die Versicherungen – auch aufgrund der Bevölkerungsalterung – Einkünfte zu generieren. Negativzinsen sind gegenwärtig keine gute Option.

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