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Turbulente Börsentage Was der Russland-Ukraine-Konflikt für die Märkte bedeutet und wo sich Chancen bieten

Frieden
Frieden: Das neue Wandgemälde der Straßenkünstlerin Laika in Rom ist der Krise zwischen Russland und der Ukraine gewidmet | Foto: Imago Images / ZUMA Wire

Der Worst Case ist eingetreten: In der Nacht auf den 24. Februar hat Russland seinen Angriff auf die Ukraine gestartet. Die ukrainische Luftwaffe soll bereits kampfunfähig sein, Panzer rollen über die Grenze. Und offenbar geht es Putin nicht nur um die Separatistengebiete im Osten: Er scheint das ganze Land im Visier zu haben.

An den Börsen führte das wenig überraschend zu massiven Kursverlusten – ob in Asien, den USA und natürlich Europa. Vor allem aber der russische Markt ist betroffen: Seit Anfang Februar hat der Aktienindex RTX mehr als 50 Prozent an Wert verloren, nach Beginn der Offensive wurde der Handel ausgesetzt. Es herrscht Panik – am Markt und in der Politik: In den Hauptstädten des Westens wird der richtige Umgang mit der Krise und die Einführung neuer Sanktionen diskutiert.

Wirtschaftliche Sanktionen und ihre Folgen

„Die wirtschaftlichen Folgen der angedrohten Sanktionen für die russische Wirtschaft wären schwerwiegend, wenngleich Russland in den letzten Jahren daran gearbeitet hat, so autonom wie möglich zu werden“, schätzt Schwellenländer-Fondsmanager und Russland-Experte Steffen Gruschka die Situation ein. „Zu den diskutierten Optionen des Westens gehören Exportverbote von Technologie, Software und Halbleiter. Ich bin gespannt, wie weit die US-Regierung gehen würde, auch hinsichtlich der Betriebssysteme für das mobile Internet. Besonders scharfe Waffen wären der Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT und der Ausschluss aus dem Dollarhandel. Daher crashen aktuell die Banken Russlands“, erläutert Gruschka.

Kommt es zum großen Knall, und danach sieht es aktuell aus, würde das die Öl- und Gaspreise weiter antreiben. „Rohstoffreiche Schwellenländer werden von der Isolierung Russlands eher profitieren, nicht nur Länder mit hohem Gas- und Ölvorkommen, sondern auch Exporteure von Kohle, Kupfer, Nickel oder auch von Agrarrohstoffen, sogenannten Soft Commodities, wie Weizen. Aber auch alternative Energien dürften einen Schub bekommen“, meint Gruschka.

Schwankungsreiches Umfeld an den Märkten

Die geopolitische Situation dürfte nach Auffassung zahlreicher Analyst:innen für größere Schwankungen an den Kapitalmärkten sorgen: „Solange der Konflikt schwelt, bleibt die Volatilität an den Märkten hoch“, konstatiert Bernd Meyer, Chefanlagestratege der Berenberg Bank.

Langfristige Anlagestrategien sollten infolge der Börsenturbulenzen allerdings nicht über Bord geworfen werden. So erwies sich der Krim-Crash rückblickend als nicht sonderlich gravierend für die Weltbörsen. Der Dax kletterte innerhalb von drei Monaten zu seinen alten Höchstständen zurück.

Das bestätigt Carsten Roemheld, Anlagestratege bei Fidelity: „Bei den meisten großen Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg haben die Märkte nur kurz geschwankt und begrenzt nachgegeben. Danach kehren die Märkte in der Regel schnell wieder auf den Pfad vor dem Ereignis zurück.“

In Krisenzeiten wie diesen profitiert einmal mehr Gold und erweist sich als sicherer Hafen. Der Preis für das Edelmetall stieg seit Ende Januar von 1.790 auf knapp 1.950 US-Dollar und holte auch die Aktien der Minengesellschaften aus ihrem Dornröschenschlaf. So stieg der Wert des Lyxor Arca Gold Bugs UCITS ETF (ISIN: LU0488317701) auf Sicht eines Monats um knapp 14 Prozent.

Eine Übersicht der performancestärksten Goldminenaktienfonds haben wir hier für euch zusammengestellt.

Doch ist der Kauf russischer Aktien in Anbetracht der extrem niedrigen Bewertungen nach dem Motto „Kaufen, wenn die Kanonen donnern“ zum jetzigen Zeitpunkt ratsam? Schließlich lasten westliche Sanktionen und das fehlende Vertrauen nicht erst seit heute auf dem Finanzplatz Moskau. „Russische Aktien sind extrem günstig und die Verlockung ist groß. Allerdings dürften sie im Fall einer Invasion noch günstiger werden. Da es im Augenblick unmöglich ist, Putins Intentionen zu analysieren, warten wir mit weiteren Käufen augenblicklich ab“, äußert sich Gruschka zurückhaltend.

Digitale Gewinner in den Schwellenländern

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Im EM Digital Leaders (ISIN: DE000A2QK5J1), den der Experte seit April 2021 managt, setzt er auf die russische Sberbank (1,6 Prozent). „Die Bank ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von unter 5 und einer erwarteten Dividendenrendite von 10 Prozent optisch günstig bewertet. Dazu bekommt man außerdem ein schnell wachsendes E-Commerce-Geschäft gratis dazu. Bleibt die Invasion aus, kann sich der Kurs hier schnell verdoppeln.“

Gruschka hat sich für den Fonds von Pyfore Capital auf die Suche nach den Gewinnern des digitalen Wandels in den Schwellenländern gemacht. Langfristig will er mit der Strategie einen Mehrwert zu ETFs auf den Emerging-Markets-Index erzielen.

Extreme Value-Strategie mit Russland-Fokus

Fondsmanager Axel Krohne hat aufgrund der jüngsten Spannungen seine Aktienquote in Russland sogar auf das Maximum der Ländergewichtung (15 Prozent) erhöht. Mit seinem AvH Emerging Markets Fonds UI B (ISIN: DE000A1145G6) investiert der Manager immer wieder spektakulär anders als viele Mitstreiter:innen. Er sucht nach außerordentlichen Schnäppchen zu KGVs im niedrigen einstelligen Bereich, die im Idealfall auch noch hohe Dividenden zahlen. Die findet er aktuell in Russland. Im RTX-Index notierte Unternehmen werden gerade einmal zum Fünffachen des für dieses Jahr erwarteten Gewinns gehandelt.

„Ich halte russische Aktien für attraktiv und auch der Rubel ist in meinen Augen unterbewertet“, sagt Krohne, der neben russischen Unternehmen auch nigerianische Titel hoch gewichtet.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

„Die meisten Menschen haben ohnehin zu viel Geld in die Gewinner der letzten zehn Jahre investiert. Das liegt in der Natur des Menschen. Ich würde allerdings immer zunächst auf die Verlierer schauen, was immer sie sein mögen und dort investieren“, erläuterte Krohne im Interview mit Fundview.

Die valuegetriebene Strategie von Krohne, der Fokus auf rohstoffreiche Länder und der Verzicht auf China-Aktien und Technologiewerte zahlt sich momentan voll aus. Über ein Jahr liegt das Portfolio mit rund 30 Prozent im Plus. Auch 2022 liegt der Fonds mit einem Gewinn von 2 Prozent gut im Rennen.

Portfolio für hartgesottene Antizykliker

Wer in der Hoffnung auf einen Sieg der Diplomatie antizyklisch in den Markt einsteigen möchte, sollte sich den Schroder ISF Emerging Europe A (ISIN: LU0106817157) anschauen. Der Fondspreis liegt immerhin 20 Prozent tiefer als noch zu Jahresbeginn. Über lange Zeiträume zählt das von Rollo Roscow und Mohsin Memon gemanagte Portfolio zu den besten für die Region Osteuropa inklusive Russland.

Aktuell sind die Manager zu 63 Prozent in russischen Werten engagiert. Die russischen Rohstoffriesen Gazprom und Lukoil gehören zu den Top-Picks. Darauf folgen Aktien aus Polen, Ungarn und der Türkei.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Seit Auflage im Jahr 2000 liegt das Plus des Fonds bei rund 250 Prozent. Ein heißes Eisen für Risikofreudige mit der Chance auf einen ordentlichen Schub nach oben – falls sich die aktuelle Situation entspannt. Gute Etappen wechselten sich in der gesamten Historie des Fonds mit scharfen Korrekturen ab. Dieses Risiko sollten Anleger:innen bei einer Investition im Hinterkopf behalten.

Hinweis: Es handelt sich hierbei um keine Anlageberatung oder Kaufempfehlung. Die Geldanlage am Kapitalmarkt ist mit Risiken verbunden. Aus Wertentwicklungen in der Vergangenheit lässt sich nicht auf künftige Wertentwicklungen schließen. Stand der Fonds-Daten: 23. Februar 2022.

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