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Aktualisiert am 18.06.2020 - 13:37 Uhrin Artikel aus der fondsLesedauer: 7 Minuten

Weltwirtschaft am Tropf Fünf wichtige Fragen und Antworten für Anleiheinvestoren

Passanten vor der US-Notenbank in Washington, D.C.
Passanten vor der US-Notenbank in Washington, D.C.: Die Geldpolitik hat zwar die Liquiditätsproblematik behoben, das drohende Solvenzproblem allerdings nicht | Foto: imago images / Xinhua
  1. Könnte es zu einer erneuten Liquiditätskrise an den Märkten kommen?

 Die US-Notenbank (Fed) setzt auf eine unbegrenzte quantitative Lockerung und hat neben dem Ankauf enormer Mengen an US-Staatsanleihen mit den erstmals geplanten Ankäufen von Unternehmensanleihen jetzt den Rubikon überschritten. Wir halten es für durchaus möglich, dass die Fed noch weitergehen und selbst bonitätsschwächere Hochzinsanleihen ankaufen wird, um den Markt zu stützen. Angesichts eines derart massiven Rückhalts für risikoreichere Anlagen ist eine erneute Liquiditätskrise in naher Zukunft nur schwer vorstellbar. Janet Yellen hat sich vor Kurzem sogar dafür ausgesprochen, der Fed die Befugnis zu geben, auch Aktien anzukaufen. Die Bank of Japan macht das bereits seit Längerem – es wäre also nicht das erste Mal, dass eine Notenbank Aktien ankauft. Alles ist denkbar.

Damit hat die Geldpolitik zwar die Liquiditätsproblematik behoben, das drohende Solvenzproblem allerdings nicht. US-Unternehmen sitzen auf rekordhohen Schuldenbergen, die sich auf schätzungsweise 50 bis 75 Prozent des BIP belaufen. Einige dieser hoch verschuldeten Unternehmen werden in einem wachstumsschwächeren Umfeld, in dem sie mit einer Auslastung von vielleicht nur 30 bis 50 Prozent arbeiten müssen, schlicht nicht überleben können. Selbst wenn die Regierungen weitere Konjunkturpakete schnüren sollten, werden diese Unternehmen vor dem großen Problem stehen, dass die Nachfrage vermutlich sinken wird. Die Beschäftigungsaussichten sind zu unsicher und private Haushalte wie auch Unternehmen dürften aus Vorsicht künftig mehr sparen und weniger ausgeben. Nach der Liquidierungsphase im März rechnen wir daher im weiteren Jahresverlauf mit einer Insolvenzphase, wenn mehr Unternehmen zahlungsunfähig werden und die Umschuldungen beginnen.

  1. In welchem Szenario ist es sinnvoll, stärker ins Risiko zu gehen?

Wir haben das Anleiherisiko unserer Strategie bereits hochgefahren. Die Allokation in Investment-Grade-Anleihen betrug vor der Krise rund 9 Prozent und ist seither auf etwa 16 Prozent erhöht worden. Angesichts der Zusage der Politik, „alles zu tun, was nötig ist“, um die Unternehmen finanziell abzusichern, wäre eine Short-Position in Unternehmensanleihen kaum zu rechtfertigen. Deshalb haben wir die mit 10 Prozent gewichteten CDS Short-Positionen in den US-amerikanischen und europäischen High-Yield- und Investment-Grade-Märkten im März aufgelöst, als fiskal- und geldpolitische Stimulusmaßnahmen wahrscheinlich erschienen. Wir haben die Schwächephase der Märkte genutzt, um bonitätsstarke Investment-Grade-Anleihen von Unternehmen mit einer soliden Umsatz- und Profitabilitätsbasis zu kaufen, die gut aufgestellt erscheinen, um diesen Konjunkturzyklus zu überstehen. Dazu gehören Anleihen von Unternehmen wie McDonalds und AB InBev. Außerdem haben wir unsere Position in Tesco aufgestockt – wir nennen dies unser „Bier und Burger“-Thema. Im High-Yield-Bereich setzen wir auf defensivere Senior Secured Loans und Anleihen der Ratingklasse BB – wobei der Fokus auch hier auf unserer Ansicht nach konjunkturresistenten Unternehmen wie Netflix, Virgin Media und Pinewood Studios liegt. Wir nutzen jede Marktschwäche, um hochwertige Unternehmensanleihen nachzukaufen.

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Der Grund für die mit rund 6,5 Jahren unveränderte Gesamtduration ist, dass wir die Allokation in länger laufenden, bonitätsstarken US-amerikanischen und australischen Staatsanleihen zur Deflationsabsicherung beibehalten haben. Die Entwicklung der Anleihenrenditen hängt letztlich von den Wachstumserwartungen ab. Wir glauben, dass die Zehn-Jahres-Rendite in den USA mit der Zeit in Richtung 0 Prozent oder sogar ins Minus tendieren wird, wenn die problematischen globalen Wachstumsaussichten in den Fokus rücken. Zu einer gewissen Erholung wird es unweigerlich kommen. Mit der Überschuldung und der gesellschaftlichen Alterung sind aber zwei starke strukturelle Treiber weiterhin intakt. Da sie zu einer massiven Ausweitung der globalen Staatsverschuldung führt, hat die Reaktion auf die Pandemie die Schuldenproblematik sogar noch verschärft.

  1. Bullish für den US-Dollar: Wird das Ausmaß der geld- und fiskalpolitischen Stimulusmaßnahmen in den USA dem Dollar mittelfristig schaden?

Nein, weil die Geld- und Fiskalpolitik überall sehr expansiv ist, nicht nur in den USA. Außerdem sollten die aktuell auf rund 13 Billionen US-Dollar geschätzten ausstehenden Dollar-Auslandsschulden der Schwellenländer den Dollar stützen.(1) Wenn der Abschwung in diesen Ländern erst einmal einsetzt und sie ihre Zinsen senken, werden ihre Währungen abwerten. Damit wird es schwerer für diese Länder, ihre US-Dollar-Schulden zu bedienen. Hinzu kommt, dass durch den Lockdown in den USA einfach weniger Dollar in den Rest der Welt fließen. Daher glauben wir, dass der Dollar mittelfristig stark bleiben wird, auch wenn wir mit einer gewissen Volatilität rechnen.

Längerfristig könnte der Status des US-Dollars als globale Reservewährung gefährdet sein, wenn der Greenback immer weiter aufwerten sollte. 1985 beschlossen Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Japan, Großbritannien und die USA mit Unterzeichnung des Plaza-Abkommens die Abwertung des Dollars. Ich wäre nicht überrascht, wenn etwas Ähnliches erneut passieren würde, zumal China den USA ihre globale Vormachtstellung streitig macht. Ein solcher Schritt dürfte aber noch in weiterer Ferne liegen.

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