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Aktualisiert am 03.07.2020 - 12:14 Uhrin MeinungenLesedauer: 4 Minuten

Weltwirtschaftswachstum und Anlagemärkte „Stille Post“ aus China

Cashflows und Diskontierungssätze tendierten in den letzten sechs Monaten in entgegengesetzte Richtungen, und die Entwicklung des Diskontierungssatzes hat sich behauptet. Das geschah im bisherigen Jahresverlauf. Cashflows von Aktien, repräsentiert durch das erwartete Gewinnwachstum, haben sich in allen bedeutenden Aktiensegmenten oder -regionen abgeschwächt und sich horizontal nach links verschoben. Die Renditen am Aktienmarkt sind jedoch in einer vertikalen Aufwärtsbewegung gestiegen und durch die schwächeren Cashflows offensichtlich nicht unter Druck geraten.

In Lokalwährungen durften Anleger auf allen Anlagemärkten, Aktien eingeschlossen, den besten Jahresstart seit 2007 erleben, wenngleich nach einem unerfreulichen vierten Quartal. Woran liegt das? Nicht nur die Gewinnerwartungen sind im Vergleich zum Vorjahr eindeutig gesunken, sondern auch die Sätze, mit denen diese künftigen Gewinne abgezinst werden. Zwischen Januar und September vergangenen Jahres tendierten die Diskontierungssätze unstet seitwärts, wobei es um den Februar herum ein Stück nach oben ging. Die Gewinnerwartungen entwickelten sich währenddessen weiter günstig. Doch ab Oktober war bei den Cashflows ein nur leichter Rückgang zu verzeichnen, während die Diskontierungssätze bis Dezember um fast 200 Bp. in die Höhe schnellten. Und während sich dann in diesem Jahr die Cashflows spürbarer abgeschwächt haben, sanken die Diskontierungssätze weit stärker, und die Märkte erlebten eine kräftige Rally.

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Wir prognostizieren, dass sich das Weltwirtschaftswachstum nur etwas weniger abschwächen wird als nach den Konsensschätzungen, angeführt von den USA. Doch für uns ist die expansive Geldpolitik (oder die relativ „taubenhafte Haltung“), die an den Zinsmärkten der USA, Europas und auch des Vereinigten Königreichs eingepreist ist, kein Anlass zum Kauf. Mit anderen Worten erwarten wir im Wesentlichen höhere Diskontierungssätze als die, die derzeit an den Märkten eingepreist sind, wenngleich nicht in dramatischem Umfang. Unter dem Strich scheinen sich unsere Erwartungen im Hinblick auf die Geldpolitik und die von den Zinsmärkten implizierten Erwartungen nicht so sehr zu unterscheiden, dass es im Hinblick auf die Diskontierungssätze zu einem nennenswerten negativen Schock kommen könnte.

Verbesserung bei Wachstum und Cashflows zu erwarten

Eine Verbesserung bei Wachstum und Cashflows ist währenddessen gewiss plausibel. Die weltweiten Wirtschaftsdaten haben sich stabilisiert, und die weltweiten Gewinnkorrekturen haben sich gerade zum ersten Mal seit dem Herbst zum Positiven gewendet. Beides gibt Grund zu Optimismus, und die laufende Berichtssaison wird ein wichtiger Lackmustest sein. Des Weiteren könnte die Wahrhaftigkeit des jüngsten Optimismus durch Anzeichen untermauert werden, dass die Lockerung der chinesischen Geldpolitik, die zweifellos vorteilhaft für China war, jetzt einen positiven Ansteckungseffekt für andere Volkswirtschaften und die Unternehmensgewinne hat. China steht für ein Fünftel des weltweiten BIP, für über ein Drittel des Weltwirtschaftswachstums und für mindestens die Hälfte der Nachfrage an einigen Rohstoffmärkten. So kommt es, dass oft schon der leiseste Hinweis auf chinesische Konjunkturanreize ähnlich wie beim „Stille-Post-Spiel” erstaunliche Wirkung zeigt.

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