Bei Lebensmitteln und Kleidung orientieren sich viele Verbraucher an Bio- und Fair-Trade-Siegeln. Warum nicht auch bei der Geldanlage? Immer mehr Anleger wollen verantwortungsbewusster investieren, doch fast täglich kommen neue Anlageprodukte auf den Markt – die sich als „nachhaltig“ darstellen. Damit sich Investoren im Dickicht grüner Investments zurechtfinden, gibt es entsprechende Siegel und Ratings.
Nachhaltigkeitssiegel und Ratings
Die zwei Arten der Kennzeichnung von nachhaltigen Fonds liefern Informationen darüber, wie nachhaltig ein Anlageprodukt ist – unterscheiden sich jedoch in ihrer Bewertung.
So wird bei der Zertifizierung geprüft, ob die Auswahlkriterien des Fondsmanagements den Mindestanforderungen der Siegel-Anbieter entsprechen. Denn viele Fonds unterscheiden sich nicht nur in ihren Ausschlusskriterien – sondern auch darin, wie streng sie diese anwenden. Einige Produktanbieter akzeptieren, dass Unternehmen einen geringen Anteil ihres Umsatzes – meist bis zu 10 Prozent – in eigentlich ausgeschlossenen Bereichen erzielen. Hintergrund ist, dass viele Unternehmen kein spezifisches Geschäftsmodell haben, sondern ihre Umsätze in verschiedenen Bereichen erwirtschaften. Ein Beispiel: Energie-Unternehmen haben oft sowohl eine Öl- als auch eine Erneuerbare-Energie-Sparte. Organisationen, die Nachhaltigkeitssiegel vergeben, definieren deshalb oft Grenzwerte für umstrittene Geschäftsbereiche. Geht es also um den Investmentprozess, ist die wohl wichtigste Anforderung an einen nachhaltigen Fonds: Transparenz.
Zu den anerkanntesten Siegeln für europäische Fonds zählen das französische Label ISR, das skandinavische Nordic Swan Eclabel, das deutsche FNG-Siegel, das österreichische Umweltzeichen (UZ 49) und das luxemburgische LuxFLAG.
Ratings können sowohl positiv als auch negativ ausfallen und werden von bestimmten Agenturen vergeben. Einige Anbieter bewerten die Einzeltitel von Fonds nach ESG-Kriterien und berechnen daraus einen Wert für das Gesamtportfolio. Hierzu zählen unter anderem Morningstar Sustainability Rating, der EDA-Score und yourSRI. Andere wiederum konzentrieren sich auf die Nachhaltigkeitsstrategie des Fondsmanagements. Spezielle Agenturen wie MSCI-ESG und Climetrics-Ratings stellen ihre Bewertungen öffentlich zur Verfügung. Damit können auch Anleger überprüfen, wie das Umweltrating des eigenen Portfolios aussieht.
Siegel und Ratings mitunter kritisch gesehen
Neugierig geworden?
Anleger sollten allerdings beachten, dass die Bewertungen oft anhand der vergangenen Leistung vergeben werden und dementsprechend nicht das tatsächliche Engagement eines Unternehmens für Nachhaltigkeit widerspiegeln. Ebenso wird Ratingagenturen fehlende Transparenz nachgesagt, mitunter, weil diese keinen vollständigen Einblick in ihren Bewertungsprozess gewähren. Hinzu kommt: Der Begriff „nachhaltig“ ist nicht geschützt. Das Fehlen eines weltweiten Standards erschwert es vielen Anleger nachzuvollziehen, wie gemessen und bewertet wird.
Augen auf bei nachhaltigen Geldanlagen
Gewisse Ratings und Siegel können Anlegern als Orientierungshilfe dienen. Doch die Antwort auf die Frage, ob ein Produkt nachhaltig ist oder nicht, hängt vor allem davon ab, wie differenziert und streng der Begriff der Nachhaltigkeit vom Vermögensverwalter ausgelegt wird.
Neben Ratings und Siegeln sollten Investoren ebenfalls auf die Veröffentlichungen von Nachhaltigkeitsberichten von einzelnen Unternehmen zurückgreifen – diese müssen Angaben über Energieeffizienz, Emissionen und Ressourcenverbrauch offenlegen.