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Baki Irmak im Interview „Wir setzen auf eine ausgewogene Mischung aus traditionellen Konzernen und Wachstumswerten“

Baki Irmak
Baki Irmak: „Da wir langfristig investieren, ist für uns die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells von entscheidender Bedeutung“

Herr Irmak, Sie haben den Digital Leaders Fund (DLF) im März 2018 aufgelegt. Jüngst hat er die 100-Millionen-Euro-Marke geknackt. Hatten Sie im Vorfeld mit diesem Erfolg gerechnet?

Baki Irmak: Als wir den Digital Leaders Fund (ISIN: DE000A2H7N24) damals aufgelegt haben, wollten wir in drei Jahren durchaus 100 Millionen Euro Fondsvolumen erreichen. Im Nachhinein war das eine ziemliche naive Annahme. Denn ohne große Seedcapital-Investoren und etabliertes Vertriebsnetzwerk ist das eigentlich kaum zu schaffen. Aber wir lagen mit dem Fokus auf Digitalisierung goldrichtig. Eine Pandemie hatten wir nicht auf dem Zettel, aber jeder exogene Schock beschleunigt die Flucht nach vorn. Mit der spektakulären Rally der Tech-Unternehmen und der positiven Performance des Fonds haben wir den Meilenstein dann doch erreichen können.

Sie sprechen die Rendite von etwa 100 Prozent an, die der (DFL) seit Auflage erwirtschaftet hat. Wie sieht Ihre Anlagestrategie aus und spielt Nachhaltigkeit dabei eine Rolle?

Irmak: Im Grunde schauen wir darauf, ob die heutige Bewertung eines Unternehmens den tatsächlichen Wert widerspiegelt – also was Value-Investoren seit Benjamin Graham machen. Allerdings übersetzen wir diesen Ansatz auf das digitale Zeitalter. In dieser Periode sind Buch- und materielle Werte oft nicht mehr entscheidend für den Shareholder-Value – sondern die sogenannten immateriellen Güter wie Kundenzugang, Marke, Patente, die Innovationskraft, die Stärke der Plattform oder die Kundenbindung. Neben den klassischen fundamentalen Kriterien nutzen wir zahlreiche Kennziffern, die wir als digitale KPIs bezeichnen. Wenn nach diesen Eigenschaften ein Unternehmen erfolgversprechend erscheint, dann ist es ein Kandidat für unseren Fonds – und dazu gehören eben weit mehr Titel als nur Technologie-Werte.

Da wir langfristig investieren, ist für uns die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells von entscheidender Bedeutung. Dazu gehört, dass ein Unternehmen unter anderem die Ansprüche aller relevanten Stakeholder wie Aktionäre, Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in das ökonomische Kalkül einbezieht. Für uns ist das selbstverständlich, wir haben das Thema aber nicht wie ein kostbares Gut vor uns hergetragen. Unser Produkt ist nachhaltig, jetzt wollen wir auch, dass es entsprechend klassifiziert wird.

Im Portfolio finden sich Aktien von Unternehmen aus Branchen, an die man beim Thema Digitalisierung nicht sofort denkt – zum Beispiel aus dem traditionellen Finanzsektor. Was hat es damit auf sich?

Irmak: Wir haben den Anspruch, in die Gewinner der Digitalisierung zu investieren. Dazu zählen wir nicht nur Technologie- und Plattformunternehmen, sondern auch eine ganze Reihe traditioneller Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell an die Ansprüche des digitalen Zeitalters angepasst haben – darunter die Banken BBVA und Goldman Sachs, das Medienunternehmen Disney und der Navigationsgeräte-Hersteller Garmin.

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Digitalisierung ist weit mehr als Technologie: Sie ist ein Enabler. Idealerweise fällt Domain- und Technologieexpertise zusammen. Bei der BBVA werden knapp 50 Prozent der Umsätze über digitale Kanäle erzielt, etwa 59 Prozent der Kunden interagieren mit der Bank über mobile Endgeräte. Die Straumann Group kennt die Welt der Zahnmedizin, warum also nur Zahnimplantate herstellen und nicht auch Intraoralscanner, 3D-Drucker für Dentalprodukte und die entsprechenden Komponenten dafür? Disney hat die größte Filmbibliothek der Welt, warum nicht im Zeitalter des vernetzten Fernsehens Endkunden direkt bedienen? Es gibt also durchaus Digitalisierungsgewinner aus der „alten Welt“, die zudem oft aussichtsreich bewertet sind. So können wir unseren Fonds auch deutlich breiter aufstellen.

China spielt in Ihrem Depot eher eine untergeordnete Rolle. Wie kommt das?

Irmak: China ist nach einer Pause von mehr als 150 Jahren zurück auf der Weltbühne – politisch und wirtschaftlich. Vier chinesische Unternehmen dominieren mehr als 40 Prozent des weltweiten Online-Handels. Knapp 45 Prozent des globalen digitalen Zahlungsverkehrs finden im Reich der Mitte statt. Mehr als 17 Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts kommen aus China, aber in internationalen Fonds liegt der Anteil chinesischer Wertpapiere bei lediglich 3 bis 4 Prozent. In unserem Fonds beträgt der Anteil etwa 10 Prozent, obwohl unsere Benchmark MSCI World keine chinesischen Unternehmen enthält. Wir legen daher einen neuen Fonds auf, der in Digitalunternehmen in Emerging Markets und somit auch China investiert.

Wie stellen Sie sich für 2021 auf?

Irmak: 2020 war in vieler Hinsicht ein Ausnahmejahr. Vergleichbare Performancezahlen werden wir 2021 vermutlich nicht beobachten – auch wenn es gerade anders aussieht. Spätestens im zweiten Quartal 2021 wird der Basiseffekt die Umsatz- und Gewinnzahlen der Unternehmen relativeren. Dann wird auch klar, welche Titel dauerhafte Gewinner des Digitalisierungsschubs sind und welche nur ein Strohfeuer gezündet haben.

2020 wurden nicht nur mehrere Jahre der digitalen Transformation in wenigen Monaten vollzogen, sondern auch mehrere Jahre Wachstumsaussichten in den Kursen vieler Aktien eingepreist. Das dürfte 2021 mit der Realität kollidieren.

Wir setzen weiterhin auf eine ausgewogene Mischung aus substanzstarken traditionellen Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell an die digitale Zeit anpassen und auf immer noch attraktiv bewertete Wachstumswerte, die die digitale Transformation der Wirtschaft vorantreiben.

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