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ESG-Infos für Anleger „Wir wollen, dass Anleger informierte Entscheidungen treffen“

Ingo Speich
Ingo Speich: „Wir müssen derzeit das Beste aus den vorhandenen Daten machen und auf unser hauseigenes ESG-Research und externe ESG-Datenanbieter zurückgreifen“ | Foto: Deka Investment

Herr Speich, am 10. März tritt die EU-Offenlegungsverordnung in Kraft, die für mehr Transparenz im Bereich nachhaltige Geldanlage sorgen soll. Ist das der große Wurf, auf den Branche und Anleger gewartet haben?

Ingo Speich: Eine erhöhte Transparenz in diesem Bereich ist sehr wichtig. Die sehr kurze Umsetzungszeit sehen wir jedoch kritisch. Vor allem die Veröffentlichung des finalen technischen Regulierungsstandards und die zu berücksichtigenden negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (principal adverse impacts, PAIs) erfolgte sehr kurzfristig. Auch die Überlappungen zu anderen Regulierungsvorhaben wirken nicht gerade abgestimmt.

Fondsanbieter müssen künftig über die Nachhaltigkeitsrisiken und die negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren eines Finanzprodukts Auskunft geben. Was genau hat es mit diesen Begriffen auf sich?

Speich: Nachhaltigkeitsrisiken sind Ereignisse oder Bedingungen aus den ESG-Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, deren Eintreten tatsächlich oder potenziell wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert der Investitionen des Fonds haben können. Die Betroffenheit, Wahrscheinlichkeit und Schwere von Nachhaltigkeitsrisiken unterscheidet sich je nach Branche, Geschäftsmodell und Nachhaltigkeitsstrategie. So lösen zum Beispiel CO2-Emissionen als Kosten- und Wettbewerbsfaktor für das Unternehmen ein Regulierungs- und Reputationsrisiko aus.

Bei den negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, den erwähnten PAIs, handelt es sich um Indikatoren aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance, die sich generell nachteilig auswirken können und daher reduziert werden sollten. Investoren sollen damit verstehen, welcher Schaden in Bezug auf Nachhaltigkeit mit dem von ihnen bereitgestellten Kapital verursacht wird. Dabei geht es unter anderem um die Konsequenzen von CO2-Emissionen eines Unternehmens auf die Gesellschaft oder die Umwelt.

Viele Unternehmen können oder wollen ESG-Daten nicht vollumfänglich zur Verfügung stellen. Hand aufs Herz: Lassen sich die hohen Anforderungen der Regulierer überhaupt erfüllen?

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Speich: Die Unternehmen liefern derzeit noch nicht die notwendigen Daten. Daran wird sich auch kurzfristig nichts ändern, da die Umsetzung der Non-Financial-Reporting-Directive (Anm. d. Red.: EU-Richtlinie, die Unternehmen verpflichtet, regelmäßig über die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihres Geschäfts zu informieren) erst frühestens 2022 auf europäischer Ebene erfolgt. Somit ist nicht vor dem Geschäftsjahr 2023 oder 2024 mit einer Berichterstattung zu rechnen. Ob dann die Richtlinie mit der Offenlegungsverordnung verbunden wird, bleibt abzuwarten. Bis dahin müssen wir das Beste aus den vorhandenen Daten machen und auf unser hauseigenes ESG-Research und externe ESG-Datenanbieter zurückgreifen.

Was nützt die Offenlegungsvereinbarung Anlegern?

Speich: Durch die Offenlegungen auf Kapitalverwaltungsgesellschafts- und Fondsebene erhalten Anleger ein besseres Verständnis dafür, wie Nachhaltigkeit im Investmentprozess und in der speziellen Anlagestrategie umgesetzt wird und wie mit Nachhaltigkeitsrisiken umgegangen wird. Für unsere Fonds bieten wir Anlegern zusätzlich weitere zahlreiche Informationen zu Nachhaltigkeit und Corporate Governance für den schnellen Blick auch auf unserer Internetseite.

Mit der Pflicht, Nachhaltigkeit in der Anlageberatung zu thematisieren, und der EU-Taxonomie stehen weitere regulatorische Maßnahmen an. Wie beurteilen Sie die Entwicklung am Markt für nachhaltige Geldanlagen insgesamt und zielen die Vorhaben der Aufsichtsbehörden in die richtige Richtung?

Speich: Die Entwicklung geht definitiv dahin – sie hilft Anlegern, sich mit dem Thema nachhaltige Geldanlage auseinanderzusetzen und informierte Entscheidungen zu treffen. Zudem ist eine noch stärkere Ausrichtung des Kapitalmarkts hin zu Nachhaltigkeit überfällig. Und auch eine genauere Feinjustierung steht noch aus: Die vielen einzelnen Regulierungsschritte bauen aufeinander auf, enthalten dann aber doch auch widersprüchliche Aussagen. Oder sie verfolgen einen Zeitplan, der nicht zwingend praktikabel erscheint. Wir würden uns mehr Abstimmung auf europäischer Ebene wünschen.  

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