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Kampf gegen den Klimawandel Die vier wichtigsten Stellschrauben für eine grüne Zukunft

Entwurf der Zukunftsstadt Woven City in Japan
Entwurf der Zukunftsstadt Woven City in Japan: Um der globalen Erderwärmung entgegenzuwirken, sind umfangreiche Investitionen in Klimamaßnahmen an Gebäuden erforderlich | Foto: IMAGO / ZUMA Press

Der Kampf gegen den Klimawandel gehört zu den größten Herausforderungen der Menschheit. „Als eine der größten Volkswirtschaften der Welt und eine traditionelle Heimat des Erfindergeists kann und muss Deutschland – und damit die neue Bundesregierung – hier einen wichtigen Beitrag leisten“, findet Tim Bachmann, Fondsmanager bei der DWS.

Eine reine Verbotspolitik ist aus seiner Sicht allerdings der falsche Ansatz. Eine nachhaltige Lebensweise setze vielmehr voraus, dass sich jeder Einzelne bewusst mache, was und wie er konsumiere und welchen direkten oder indirekten Einfluss sein persönliches Handeln auf das ökologische und soziale Umfeld habe. „Eine gewissermaßen ‚nachhaltige‘ Nachhaltigkeit entsteht nur durch Einsicht und nicht durch den omnipräsenten Verbotsfinger“, sagt Bachmann.

Darüber hinaus gelte es, den Kampf gegen den Klimawandel nicht in erster Linie als Risiko zu betrachten, sondern als Chance. „Beispielsweise muss der Umstieg auf die E-Mobilität nicht den Abstieg der deutschen Automobilindustrie oder den Abschied von ‚Made in Germany‘ bedeuten“, sagt Bachmann. Schließlich haben schon in der Vergangenheit zunächst skeptisch beäugte Veränderungen wie die Einführung der Elektrizität oder des Computers die Wirtschaft beflügelt. „Der Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl kann enorme Chancen für die langfristige Schaffung neuer Arbeitsplätze und das Entstehen neuer Industrien bergen“, erläutert der Experte. „Hierfür braucht es allerdings nicht nur den sprichwörtlichen deutschen Erfindergeist, sondern auch staatliche Rückendeckung ohne ideologische Scheuklappen.“

Der Fondsmanager sieht vor diesem Hintergrund vor allem vier Stellschrauben für eine grüne Zukunft und erläutert, welche Anlagechancen sich daraus ergeben könnten:

  1. Ausbau erneuerbarer Energien

„Um den Energiebedarf in Deutschland bis zum Kohleausstieg in den späten 2030er Jahren mit erneuerbaren Energien zu decken, müssen wir einen Gang höher schalten“, betont Bachmann. Um beispielsweise bis 2030 einen Anteil von 75 Prozent erneuerbarer Energie im Strommix zu erreichen, müssten von 2020 bis 2030 jährlich 9,8 Gigawatt Photovoltaik und 5,9 Gigawatt Onshore-Anlagen zugebaut werden.

Auch auf der Ebene der Europäischen Union sind noch große Anstrengungen erforderlich, um die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu verringern. Die Europäische Kommission schlägt vor, die Offshore-Windenergiekapazität Europas von derzeit 12 Gigawatt bis 2030 auf mindestens 60 Gigawatt und bis 2050 auf 300 Gigawatt auszubauen. Ergänzt werden soll dies bis 2050 durch 40 Gigawatt an Meeresenergie sowie erneuerbare Offshore-Energie aus anderen Quellen wie schwimmende Wind- und Solaranlagen. Bis 2050 sollen dafür Investitionen von knapp 800 Milliarden Euro erforderlich sein.

  1. Energieeffizientere Gebäude

Nach Schätzungen der Europäischen Kommission entfallen rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in Europa auf Gebäude. Um das 55-Prozent-Ziel zu erreichen, peilt sie mindestens eine Verdoppelung der Renovierungsrate an, die aktuell bei knapp 1 Prozent liegt. Das würde umfangreiche Investitionen in Klimamaßnahmen an Gebäuden erfordern, die sich durch ihre besonders hohe Kosteneffektivität auszeichnen. Dazu zählen Photovoltaikmodule auf Dächern, der Einsatz von Dämmstoffen und die „intelligente“ Verringerung des Energieverbrauchs durch den Einbau von Bewegungssensoren auf Freiflächen und in Büros.

  1. Mehr Tempo bei der Mobilitätswende

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Der Transportsektor macht derzeit rund ein Viertel der globalen vom Menschen gemachten CO2-Emissionen aus. Mehr als 90 Prozent der Weltbevölkerung leben in Regionen, die die Luftqualitätsstandards der Weltgesundheitsorganisation nicht erfüllen. In der Europäischen Union soll zum Erreichen des 55-Prozent-Ziels 2035 Schluss mit dem Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor sein. Bereits 2025 sollten daher in der Europäischen Union etwa 13 Millionen Null- oder Niedrig-Emissionsfahrzeuge rollen, die Zahl der öffentlichen Lade- und Tankstellen dürfte dann bei einer Million liegen. „Global dürften E-Autos 2030 etwa 35 Prozent des Weltmarkts ausmachen“, erwartet ESG-Experte Bachmann.

Daneben könnte der Mikromobilität eine bedeutende Rolle zufallen. Denn: Etwa 25 Prozent der im Transportwesen entstehenden Treibhausgase werden im städtischen Nahverkehr erzeugt, also auf Strecken wie gemacht für das Fahrrad. Und tatsächlich ist die wöchentliche Nutzung von Drahteseln in den vergangenen Monaten um 30 bis 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Derzeit hat der globale Markt für Fahrräder und E-Bikes mit rund 45 Milliarden US-Dollar bereits ein Volumen, das auf dem Niveau von Motorrädern (39 Milliarden US-Dollar) und Campingwagen (50 Milliarden US-Dollar) liegt. Bachmann erwartet deshalb, dass das Wachstum in den kommenden Jahren durch E-Bikes getrieben werden dürfte. Denn während  2015 in Europa gerade einmal eine Million dieser Fahrräder verkauft wurden, lag die Zahl 2020 bereits bei etwa 3,8 Millionen und soll sich bis 2025 auf fast 12 Millionen verdreifachen.

  1. Stärkung der Kreislaufwirtschaft

Weltweit werden jede Minute mehr als eine Million Plastikflaschen verkauft. Schätzungen zufolge schwimmen aktuell etwa 150 Millionen Tonnen Plastikmüll in unseren Weltmeeren, was umgerechnet der Fläche Mitteleuropas entspricht. Experten erwarten bis 2025 einen Anstieg der globalen Mengen an Müll von bis zu 70 Prozent gegenüber 2010.

Die Europäische Union hat aufgrund dessen ein Verbot der Herstellung und Vermarktung von Einwegplastik beschlossen. Gleichzeitig wurden strikte Recycling-Quoten für Kunststoffflaschen festgelegt und die Möglichkeit geschaffen, bestimmte Branchen stärker an den Kosten für die Beseitigung der Vermüllung zu beteiligen. Konkret sieht die Richtlinie einen Anteil von 25 Prozent an recyceltem Plastik in neuen Kunststoffflaschen bis 2025 vor. Bis 2030 soll dieser Anteil gar 30 Prozent betragen. Ferner strebt die Richtlinie eine Rückführungsquote von PET-Flaschen von 77 Prozent bis 2025 und 90 Prozent bis 2029 an.

Allerdings ist die Infrastruktur für das Recycling von Plastik aus Sicht von Bachmann noch unterentwickelt: Während die Rückführungsquoten bei Metallen wie Stahl, Kupfer und Platin bei bis zu 80 Prozent und bei Papier und Kartonage bei etwa 55 Prozent liegen, kommt das Plastik-Recycling auf gerade einmal 14 Prozent weltweit. Noch dazu hat China die Einfuhr von Plastikmüll seit 2018 komplett gestoppt. „Das erhöht den Druck auf westliche Länder noch weiter, stärker in eine Recycling-Infrastruktur für Plastikmüll zu investieren“, sagt der DWS-Experte.

Klimaschutz – Chancen für Anleger

Wie groß der gesamte Investitionsbedarf in all diese Schlüsseltechnologien im Kampf gegen den Klimawandel tatsächlich sein wird, lässt sich derzeit kaum abschätzen. „Allerdings wissen wir, dass nur um die im Pariser Klimaschutzabkommen festgeschrieben Ziele zu erreichen, die globalen Investitionen bis 2030/40 auf mehr als 3 Billionen US-Dollar jährlich steigen müssen“, sagt Bachmann. Das entspricht in etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Großbritannien oder Frankreich. „Ohne die Mobilisierung von privatem grünem Kapital dürfte sich diese Summe nicht stemmen lassen – wobei der Fondsindustrie dabei eine wichtige Rolle zufallen wird“, erläutert der Experte.

Seiner Ansicht dürften sich die interessantesten Anlagechancen gerade in den Bereichen finden lassen, die heute als die größten Klimasünder gelten. Dazu zählen Unternehmen aus den Bereichen Transport, Immobilien und Energieerzeugung. „Firmen, die etwa Dämmmaterialien auf Steinwolle-Basis, Wechselrichter für Solaranlagen, Wärmepumpen, Hochspannungsleitungen oder Lithium-Batterien anbieten, könnten in den kommenden Jahren ein Gewinnwachstum im hohen zweistelligen Bereich aufweisen“, erläutert der Fondsmanager. „Das liegt deutlich über dem, was der breite globale Aktienmarkt abwerfen dürfte.“

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